TV-Tipp: "Krauses Zukunft"

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TV-Tipp: "Krauses Zukunft"
5. Februar, ARD, 20.15 Uhr
Wenn das Leben unübersichtlicher wird, fragen sich viele Menschen, warum nicht alles so bleiben kann, wie es ist. So geht es auch Horst Krause, dem vom Schauspieler gleichen Namens verkörperten Titelhelden jener Reihe, deren Geschichten Bernd Böhlich bereits seit 2007 erzählt.

Im achten Film wird der pensionierte Polizeihauptmeister mit Veränderungen in seinem unmittelbaren Umfeld konfrontiert, die ihm alle nicht behagen. Dass er den viele Jahre lang gemeinsam mit seinen Schwestern betriebenen Gasthof Köchin Paula (Pauline Knof) überlassen hat und zusammen mit Elsa (Carmen-Maja Antoni) und Meta (Angelika Böttiger) in die Villa seines verstorbenen Freundes Schlunzke umgezogen ist: Damit hat er seinen Frieden gemacht.

Schockiert muss er jedoch feststellen, dass Paula alle Fleischgerichte von der Speisekarte gestrichen hat. Der nächste Umbruch nähert sich in Gestalt einer Referentin aus dem brandenburgischen Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz: Frau Hummel (Rosa Falkenhagen) möchte auf seiner Pferdewiese Windkraftanlagen errichten. Kommt gar nicht in Frage, empört sich Bürgermeister Stübner (Boris Aljinovic): Er will das Dorf in ein Urlaubsparadies verwandeln und die beiden Teiche im Dorfzentrum zu einem Badesee verbinden. Windräder würden bloß die Touristen abschrecken. Der einzige, der nach vorne denkt, ist Lehrer Seifert (Steffen Groth), Paulas Freund, dessen Einstellungen für ihren Geschmack aber viel zu radikal sind; prompt gibt es in der Beziehung Ärger.

Wie gewohnt erzählt Böhlich auch diese Geschichten aus Schönhorst sehr entschleunigt und episodisch; im Grunde werden die einzelnen Kapitel nur durch den Hauptdarsteller zusammengehalten. Zu den schönsten Szenen gehören die Zwiegespräche mit Paulas Sohn Timo (Cai Cohrs), der den dicken Krause als Opa adoptiert hat. Dass die Dialoge des Jungen mitunter auswendig gelernt klingen, ist kein Problem, denn wenn es um Umweltschutz geht, beruft sich Timo auf die Parolen von Seifert. Auch Krause kann den Klimawandel nicht ignorieren; das Land ächzt unter einer Dürre, weil es seit Wochen nicht geregnet hat. Trotzdem ist er der erste, der Stübners Petition gegen die Windräder unterschreibt. Mit der gleichen Leidenschaft stellt er sich allerdings auch dem Bagger in den Weg, der Stübners Vision Wirklichkeit werden lassen soll. Als ein Reporter über Krauses Gerangel mit einem Polizisten berichtet, zieht sich der beauftragte Bauunternehmer zurück: Negative Schlagzeilen sind nicht gut fürs Geschäft; damit ist auch Stübners Plan vorerst geplatzt.

Horst Krause, der Schauspieler, hat sich noch nie bemüht, mit der Filmfigur um Sympathie zu buhlen. In den "Polizeiruf"-Krimis war der Wachtmeister zwar stets loyal, aber nicht "nett" im landläufigen Sinn. Auch darin liegt das Erfolgsgeheimnis der Reihe: Krause ist ein ganz normaler älterer Herr aus der Nachbarschaft, dem es zunehmend schwerfällt, sich umzustellen. Auf diese Weise macht Böhlich seinen Antihelden zum Repräsentanten vieler Menschen, die Krauses Weltsicht teilen: "Leute wie ich werden nicht mehr gefragt", wenn es um Bauprojekte geht, weshalb sie grundsätzlich dagegen sind. Umso wichtiger ist es, dass sich sein Sinneswandel nachvollziehen lässt. Seine ablehnende Haltung gegenüber dem Fortschritt wandelt sich, als Sängerin Fanny (Manon Straché) den Alten, in den sie sich beim gemeinsamen musikalischen Auftritt in "Krauses Umzug" ordentlich verguckt hat, mit zu ihrem Vater nimmt.

Das Leben des Hundertjährigen (Herbert Köfer) wird von einer Veränderung bedroht, die im Vergleich zu Krauses Windrädern monströs ist, und in diesem Fall ist selbst Frau Hummel machtlos. Die junge Referentin ist ohnehin eine interessante Figur: Als Mechatronikerin baut sie Timos motorisierte Seifenkiste zum ersten Elektroauto von Schönhorst um. Falls sich irgendein Vorwand fände, Frau Hummel auch in Zukunft immer mal wieder einen Abstecher in die Provinz machen zu lassen, wäre das schön, zumal sich die Aktivitäten von Krauses Filmpartnerinnen weitgehend auf stechende Blicke (Böttiger) oder Alte-Leute-Weisheiten wie "Grundbuch kommt vor Sparbuch" (Antoni) beschränken. Andererseits ist diese vermeintliche Schlichtheit ein Merkmal der Reihe. "Alles hat seine Zeit", sagt Krause zu Timo, als eins seiner Pferde stirbt. Aus seinem Mund klingt der Satz keineswegs einfältig, und wahr ist er ohnehin.