TV-Tipp: "Der Kommissar und das Meer: Nachtgespenster"

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TV-Tipp: "Der Kommissar und das Meer: Nachtgespenster"
3. Februar, ZDF, 20.15 Uhr
Nach einer wilden Party ist der ebenso vermögende wie selbstgefällige Software-Entwickler Löfgren (Thomas Hanzon) erschlagen worden und dann im eigenen Pool ertrunken. Den Hauptverdächtigen präsentiert der Film bereits mit den ersten Bildern, als der junge Peer Sunberg (Joel Lützow) in Löfgrens Haus mit fettem Kater und kräftigem Filmriss erwacht.

Nach und nach tauchen zwar Erinnerungen an die letzte Nacht auf, aber immer nur bruchstückhaft. Trotzdem entwickelt Peer aus diesen Bilderfetzen, die überwiegend aus Handgreiflichkeiten zwischen ihm und Löfgren bestehen, schließlich die Überzeugung, dass er den Gastgeber aus Eifersucht umgebracht hat, nachdem er ihn beim Sex mit seiner Freundin Luna (Frida Gustavsson) erwischt hat.

Fernsehen ist in erster Linie ein Wortmedium, das selbst dann funktionieren soll, wenn Menschen zwar zuhören, aber zwischendurch auch mal wegschauen. Das wäre in diesem Fall schade, weil Arthur W. Ahrweiler hierzulande zu den besten Bildgestaltern zählt. Davon profitieren vor allem die Regisseure Niki Stein und Thomas Roth: Wenn er nicht gerade für den einen dreht, dann garantiert mit dem anderen. Mit Stein hat Ahrweiler seit 1998 rund dreißig Mal zusammengearbeitet, mit Roth in den letzten zehn Jahren rund ein dutzend Mal. Neben einigen "Kommissar Dupin"-Beiträgen haben sich die beiden gerade bei "Der Kommissar und das Meer" als kongeniales Team erwiesen; "Nachtgespenster", die 2019 erstmals ausgestrahlte 26. Episode, war seit 2011 bereits ihre siebte gemeinsame Arbeit für die Reihe.

Tatsächlich ist die Bildgestaltung einer der Hauptgründe, den Film zu empfehlen, denn die Geschichte ist eher überschaubar und ohnehin wieder mal eher ein Drama als ein Krimi, wie bereits der Arbeitstitel "Familiengeheimnisse" nahelegt. Der Handlungsrahmen entspricht dem üblichen Schema: Kommissar Robert Anders (Walter Sittler) befragt die jungen Partygäste, die Löfgren wie einen Guru verehrt haben, und spricht auch mit Peers Eltern (Mats Långbacka, Pia Halvorsen). Der Junge hatte ein besonders enges Verhältnis zu dem deutlich älteren Mann, der eine Art Ersatzvater für ihn war. Die Beziehung zu seinem Erzeuger ist dagegen angespannt; der Arbeitstitel bezieht sich in erster Linie auf Familie Sunberg. Das ist zwar alles ganz interessant, aber nicht weiter aufregend, zumal Roth den Film mit der für die Reihe typischen Gelassenheit inszeniert. Dafür steht auch die Hauptfigur. Wenn Anders überhaupt mal aus der Haut fährt, dann wegen seiner Familie: Er glaubt, dass sein älterer Sohn Niklas (Sven Gielnik) den gerade mal 14 Jahre jungen Kasper (Grim Lohman) zum Konsum von Marihuana verführt hat. Das Thema Väter und Söhne zieht sich ohnehin wie ein roter Faden durch die Geschichte.

Die Ausstrahlung Walter Sittlers ist sicherlich das wichtigste Erfolgsgeheimnis von "Der Kommissar und das Meer", aber dann kommt auch schon der Schauplatz. Gotland ist zu jeder Jahreszeit reizvoll, doch die optisch reizvollsten Episoden spielten stets im Winter. Das gilt auch für "Nachtgespenster": Wenn sich Peer und Luna beim Spaziergang in tief verschneiter Landschaft aussprechen, sind die Bilder abgesehen von den blonden Haaren der jungen Frau fast schwarzweiß. Auch Anders geht bei seinem ersten Gespräch mit Peer nach draußen, damit die Eltern nicht zuhören können. Diesmal ist alles grau: das steinige Ufer, das Meer, der Himmel. Den einzig prägnanten Farbtupfer bescheren die Auftaktbilder, als Peer eine rote Blutwolke durchs Wasser treiben sieht: Löfgrens Pool befindet sich in einem oberen Stockwerk, sodass man eine Etage tiefer ins Wasser schauen kann.

Über die stellenweise faszinierende Bildgestaltung hinaus haben Roth und Grimme-Preisträger Harald Göckeritz ("Grüße aus Kaschmir") in seinem bis dahin sechsten Drehbuch für die Reihe einen interessanten Weg gefunden, die Vorgeschichte zu integrieren. Neben Peers Erinnerungsfetzen ersetzen Smartphone-Videos von der Party und weiteren Auftritten Löfgrens die in solchen Fällen sonst üblichen Rückblenden. Wie eine Marotte, aber nicht uninteressant ist dagegen die Idee, Fragen ständig unbeantwortet im Raum stehen zu lassen, weil stets ein Schnitt erfolgt, bevor die Antwort erklingt. Ziemlich clever ist zum Teil auch die Einbettung der Erinnerungen, in denen Peer immer zorniger wird: In einer geschickt choreografierten und fast übergangslos montierten Szene setzen Peer und Luna gemeinsam eine Bewegung fort, die Peer beim Handgemenge mit Löfgren vollzogen hat.

Da "Der Kommissar und das Meer" schon seit einiger Zeit ohne deutsche Episodendarsteller auskommt, ist eine gute Synchronisierung umso wichtiger. Bei Produktionen, die im Ausland entstanden sind, ergeben sich oft Dissonanzen. Davon ist bei den Gesprächen zwischen Anders und Peer jedoch nichts zu hören, obwohl Joel Lützow seinem Namen zum Trotz Schwede ist; seine deutsche Stimme hat er Robert Knorr zu verdanken.