Washington (epd). Im US-Staat Indiana ist am Mittwoch kurz nach Mitternacht (Ortszeit) erstmals seit 1953 eine Frau nach nationalstaatlichem Recht hingerichtet worden. Die 52-jährige Lisa Montgomery hat dem Urteil zufolge im Jahr 2004 ihrem Mordopfer das Baby aus dem Leib geschnitten und später als ihr eigenes Kind ausgegeben. Ihre Verteidigerinnen erklärten bei der Berufung, Montgomery habe die Tat verübt. Ihre psychischen Leiden und Traumata durch zahlreiche Vergewaltigungen im Kindesalter und Missbrauch seien jedoch bei dem Urteil nicht berücksichtigt worden. In einem Gnadengesuch an den scheidenden US-Präsident Donald Trump baten die Anwältinnen vergebens, das Todesurteil in lebenslange Haft umzuwandeln.
Die Hinrichtung sollte zunächst um 18 Uhr Ortszeit am Dienstag in dem Hinrichtungsgefängnis Terre Haute vollstreckt werden. Untergeordnete Gerichte ordneten einen Aufschub an. Danach gab das Oberste US-Gericht der Vollzugsbehörde erst mehrere Stunden später die Erlaubnis, Montgomery zu töten. Verteidigerin Kelley Henry beklagte in der Zeitung "Indianapolis Star", die Hinrichtung sei rechtswidrig. Montgomery sei nicht in der Lage, ihre Strafe zu verstehen.
Die internationale christliche Gemeinschaft Sant'Egidio brachte ihre Bestürzung und Empörung über den Vollzug des Todesurteils zum Ausdruck. "Dieser entsetzliche Tod heilt nicht die durch Gewalt hervorgerufenen Wunden, sondern verbreitet Hass und Verzweiflung in einer Gesellschaft, die doch Vernunft, Rehabilitation im Justizsystem, Barmherzigkeit und Vergebung so dringend benötigt", hieß es in einer Stellungnahme. "Wir äußern den Wunsch, dass die ruchlose Entscheidung, auf Bundesebene in den Vereinigten Staaten wieder Hinrichtungen durchzuführen, bald widerrufen und nach so vielen Toten eine neue Zeit des Respekts für das Leben eingeleitet wird."
Die meisten Todesurteile werden in den USA von den einzelnen Staaten vollstreckt. Die Regierung Trump hat 2020 nach 17-jähriger Hinrichtungspause zehn nationalstaatliche Todesurteile vollstrecken lassen. 1953 sind zwei Frauen nach nationalstaatlichem Recht hingerichtet worden. Im Staat Missouri wurde eine Frau namens Bonnie Brown Heady wegen Entführung und Mordes getötet, in New York die angebliche "Atomspionin" Ethel Rosenberg. Vor dem Ende von Trumps Amtszeit am 20. Januar sind in Terre Haute zwei weitere nationalstaatliche Hinrichtungen vorgesehen.
Laut einem Bericht des örtlichen Fernsehsenders WTHI am Dienstag wurden beide Exekutionen vorläufig aufgeschoben. Die beiden Häftlinge seien anscheinend mit dem Coronavirus infiziert. Hinrichtungen gelten als potenzielle "Superspreader"-Ereignisse. Mehr als 100 Personen kommen zusammen, darunter Medienvertreter, Angehörige und die Henker. Wie das Institut "Todesstrafen-Informationszentrum" berichtete, wurden acht Mitglieder des Hinrichtungsteams wenige Tage nach einer Exekution in Terre Haute am 7. Dezember positiv getestet.
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