Forderungen nach hartem Lockdown vor Bund-Länder-Treffen

Forderungen nach hartem Lockdown vor Bund-Länder-Treffen
RKI meldet mehr als 28.000 Neuinfektionen und fast 500 neue Todesfälle
Was bleibt in der Advents- und Weihnachtszeit erlaubt, welche Regeln gelten für Geschäfte, Schulen und Gottesdienste? Bund und Länder beraten am Sonntag über einen harten Lockdown. Befürworter stützen diesen Kurs, Details sind aber noch offen.

Frankfurt a.M. (epd). Kurz vor den Beratungen von Bund und Ländern über eine Verschärfung der Corona-Schutzmaßnahmen mehren sich die Rufe nach einem schnellen und harten Lockdown. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte der "Welt am Sonntag": "Wir dürfen keine Zeit mehr verlieren. Wir brauchen einen kompletten Lockdown." Die Zahlen seien "so schlimm wie nie", sagte er mit Blick auf die aktuellen Neuinfektionen und Covid-19-Todesfälle. Städtetagspräsident Burkhard Jung (SPD) forderte in der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Samstag) bundesweit einheitliche "Regelungen, die stärker wirken". Der Intensivmediziner Christian Karagiannidis appellierte in den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstag): "Jetzt runterfahren und im Januar wieder lockern."

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der Bundesländer wollen Medienberichten zufolge am Sonntag ab 10 Uhr über eine Verschärfung der geltenden Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie beraten. Mehrere Regierungschefs kündigten Verschärfungen ab der kommenden Woche an. In Sachsen gelten bereits ab Montag strikte Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie. Der harte Lockdown sehe sowohl die Schließung von Schulen und Kindertagesstätten als auch zahlreicher Läden vor, sagte Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) am Freitagabend nach einer Kabinettssondersitzung in Dresden.

Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) warb für einen Konsens aller Länder, unter anderem sollten die für die Feiertage geplanten Lockerungen bei den Kontakten zurückgenommen werden, Geschäfte außer denen für den täglichen Bedarf sollten bis zum 10. Januar schließen.

Städtetagspräsident Jung mahnte zu klaren und gut nachvollziehbaren Regelungen, die überall gleich sind. "Es darf nicht passieren, dass der Einzelhandel im Land A geschlossen und im Land B geöffnet ist, sagte der Leipziger Oberbürgermeister. "Ein Weihnachten im kleinen Kreis und ohne Last-Minute-Shopping, ein Silvester zu Hause möglichst ohne Böller" seien "allemal besser als eine Corona-Pandemie, die außer Kontrolle gerät".

Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) schlug vor, die über die Feiertage geplante "Lockerung auf zehn Personen ohne Kinder unter 14 Jahren" zu verwerfen und Treffen an Weihnachten auf zwei Haushalte zu beschränken. Nötig sei eine Kombination aus strengen Regeln und Eigenverantwortung. Die Kirchen forderte der Christdemokrat auf, Gottesdienste an Weihnachten zu überdenken.

Intensivmediziner Karagiannidis forderte einen "strengen Lockdown" ab Montag. Modellrechnungen zeigten, dass dann "die Intensivbelegung bis kurz vor Weihnachten noch ansteigt und dann kurz vor Heiligabend bereits erheblich abfällt", sagte der wissenschaftliche Leiter des Intensivregisters der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin. Zwar werde jeder Intensivpatient "ein Bett bekommen, aber es wird die Krankenhäuser vor enorme Herausforderungen stellen".

Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) warnte vor einer scheinbaren Alternativlosigkeit von Maßnahmen. "Es gibt nicht nur den einen Weg, sinnvollerweise etwas zu bekämpfen", sagte er dem Fernsehsender Phoenix. Ein demokratischer Diskurs sei dringend notwendig. Ex-Linken-Fraktionschef Gregor Gysi kritisierte eine einseitige Berichterstattung, "die Gegenposition bei Corona" komme in den Medien nicht vor. Die Gegner der Anti-Corona-Maßnahmen dürften zudem nicht gleichgesetzt werden: "Sie sind höchst unterschiedlich in ihren Motiven", sagte Gysi bei Phoenix.

Das Robert Koch-Institut (RKI) meldete am Samstagmorgen 28.438 Covid-19-Neuinfektionen binnen 24 Stunden. Die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen stieg bundesweit auf 163,8 und liegt damit weit über dem angestrebten Wert von 50. Den Angaben zufolge starben 496 Menschen innerhalb eines Tages an oder mit dem Virus. Insgesamt sind damit in Deutschland seit Beginn der Pandemie im Frühjahr 21.466 Menschen im Zusammenhang mit dem Virus gestorben.

epd lwd/lob jup