Berlin (epd). Nach Störaktionen der AfD im Bundestag wollen Politiker der übrigen Parteien den Druck auf die rechte Partei erhöhen. Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) und sein nordrhein-westfälischer Amtskollege Herbert Reul (CDU) schließen auch ein Verbotsverfahren nicht mehr aus. "Es wird immer offensichtlicher, wie sehr die AfD als parlamentarischer Arm der Rechtsextremisten fungiert und versucht, die parlamentarische Demokratie von innen auszuhöhlen", sagte Maier, der auch Vorsitzender der Innenministerkonferenz ist, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND, Samstag).
Aufgabe des Verfassungsschutzes sei es, gerichtsfestes Material zu sammeln, um geeignete Mittel für den Umgang mit der AfD zu finden, sagte Maier. Ein Verbotsverfahren sei dabei das allerletzte Mittel. "Aber auch das ist nicht mehr auszuschließen, wenn die Partei sich weiter radikalisiert." Auch Reul schließt ein Verbotsverfahren nicht aus. Die Verfassungsschutzbehörden müssten ferner prüfen, ob die AfD auch mit nachrichtendienstlichen Mitteln beobachtet werden könne, sagte er dem RND (Samstag).
Der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Marco Wanderwitz (CDU), hält diese Überlegungen für "naheliegend". Die Schraube der Radikalisierung der AfD drehe sich immer weiter. Sie vernetze sich in rechtsextreme Kreise wie die Identitäre Bewegung und die Freien Kameradschaften, sagte er dem RND (Sonntag).
SPD-Chefin Saskia Esken forderte den Verfassungsschutz auf, die Beobachtung der AfD auszuweiten. "Es ist dringend geboten, dass der Verfassungsschutz nicht nur die AfD, sondern auch ihre Vernetzung mit nationalen und internationalen Akteuren der rechtsextremistischen Szene beobachtet", sagte Esken den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Auch Politiker von FDP und Grünen urteilten, die AfD radikalisiere sich zunehmend. Sie warnten aber vor einem Verbotsverfahren. Der innenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Konstantin Kuhle sagte dem RND (Sonntag), angesichts der hohen Voraussetzungen für ein Parteiverbot sollte man einen solchen Schritt nicht ohne konkrete Pläne ins Spiel bringen. Die Gefahr für ein Scheitern sei zu groß. Der Generalsekretär der FDP, Volker Wissing, sprach sich deutlich gegen ein Verbot aus. "Unsere Demokratie hält sogar eine AfD aus", schrieb er bei Twitter und ergänzte: "Politische Konfrontation? Unbedingt! Verbot? Nein!"
Die innenpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Irene Mihalic, äußerte sich ähnlich. "Wir dürfen der AfD jetzt nicht die Möglichkeit geben, sich in der Opferrolle zu präsentieren."
Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch kritisierte die Diskussion über ein AfD-Verbotsverfahren als "nicht hilfreich". Er sagte den Zeitungen der "Funke Mediengruppe": "Diejenigen, die antragsberechtigt sind, mögen prüfen und gegebenenfalls handeln." Sein Parteikollege Bernd Riexinger twitterte, ein AfD-Verbot löse das Problem mit Rechtsextremismus und Rassismus in Deutschland nicht.
Die AfD-Spitze wies die Überlegungen zu einem Verbotsverfahren empört zurück. Die Aussagen von Innenminister Maier seien absurd und demokratiefeindlich, sagte AfD-Parteichef Jörg Meuthen dem RND (Samstag). Zugleich bezeichnete er das Verhalten der AfD-Gäste im Bundestag als "tief beschämend und vollkommen indiskutabel".
Mehrere Mitglieder der AfD-Bundestagsfraktion hatten am Mittwoch Störer als Gäste in den Bundestag eingeschleust. Diese hatten anschließend Parlamentarier anderer Fraktionen bedrängt und versucht, sie zu einer Ablehnung des Infektionsschutzgesetzes zu bringen.