Aachen (epd). Als Konsequenz aus einem Gutachten zu sexuellem Missbrauch durch Kleriker hat der Aachener Bischof Helmut Dieser eine konsequente Aufarbeitung angekündigt. Dazu solle eine unabhängige Kommission mit Experten unter anderem aus Wissenschaft, Justiz und Verwaltung gebildet werden, sagte Dieser am Montag auf einer Online-Pressekonferenz. Das Gremium solle die Aufarbeitung nach einheitlichen Kriterien und Standards voranbringen. Zudem wolle das Bistum Betroffene ermutigen, einen unabhängigen Beirat zu bilden, "der uns auf Augenhöhe gegenübersteht". Aufarbeitung müsse immer die Perspektive der Betroffenen einbeziehen.
Dieser kündigte außerdem Entschädigungszahlungen an Opfer sexuellen Missbrauchs durch Kleriker an, die am 1. Januar starten sollen. Dazu wolle das Bistum auf Betroffene zugehen. "Was wir in der Vergangenheit getan haben, war zu wenig, es war nicht angemessen", erklärte der Bischof. Die Entschädigungen sollten nicht aus Kirchensteuermitteln gezahlt werden, sondern durch Verzicht "im System" aufgebracht werden. Darüber hinaus werde es einen solidarischen Fonds geben, in den "noch heute lebende Bischöfe und Priester" einzahlen sollten.
"Ich wünsche mir von den Verantwortlichen ein Zeichen der Selbstreflexion", sagte Dieser. "Ich möchte einen gewissen Druck aufrechterhalten, dass sie sich zu ihrer persönlichen Verantwortung bekennen." Er habe in einem persönlichen Gespräch versucht, bei seinem Vorgänger, dem früheren Bischof Heinrich Mussinghoff, ein "anderes Denken anzustoßen", und ihm geraten, auf angedrohte juristische Schritte gegen das Gutachten zu verzichten, sagte Dieser.
In dem am Freitag veröffentlichten Gutachten der Münchener Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl werden Mussinghoff und der frühere Generalvikar Manfred von Holtum für mangelnde Aufklärung und Verfolgung von sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen verantwortlich gemacht. In dem Papier, das vom Bistum in Auftrag gegeben wurde, ist die Rede von mindestens 175 Fällen sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen durch Kleriker seit 1965. Die Gutachter werfen der Kirchenleitung vor, die Täter geschützt und die Opfer hingegen ignoriert zu haben.