Berlin (epd). In der Debatte um eine mögliche Neuregelung des assistierten Suizids hat der Gerontologe Andreas Kruse mehr Aufmerksamkeit für das Gefühl des Alleinseins insbesondere bei älteren Menschen gefordert. Jeder Suizid habe in irgendeiner Form etwas mit Isolation zu tun, sagte der Leiter des Instituts für Gerontologie der Universität Heidelberg bei einer Plenarsitzung des Deutschen Ethikrats am Donnerstag in Berlin.
Kruse, der selbst Mitglied des Gremiums ist, sagte, insbesondere bei Suizidwünschen von älteren Menschen müsse bedacht werden, dass der Mensch ein "bezogenes Wesen" ist. Die Gesellschaft müsse deswegen Sorge dafür tragen, dass Menschen ihr Lebensende gestalten können und begleitet werden.
Eine besondere Herausforderung sieht Kruse nach eigenen Worten bei Menschen mit einer Demenzerkrankung. Nicht selten hätten Menschen mit einer entsprechenden Diagnose Suizidwünsche, weil die Krankheit die Person zutiefst berühre und "nach und nach zerstöre". Demenzkranke seien mit der Angst konfrontiert, was auf sie zukommt. Die Frage danach, wie man die Selbstbestimmung beim Wunsch zu sterben und zugleich die Würde und den Erhalt des Lebens ernst nimmt, nehme an Bedeutung zu, sagte Kruse.
Der Ethikrat diskutierte am Donnerstag vor dem Hintergrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zum assistierten Suizid über die Selbsttötung. Die Karlsruher Richter hatten im Februar entschieden, dass das erst 2015 verabschiedete Verbot organisierter Hilfe beim Suizid nicht mit dem Recht auf Selbstbestimmung vereinbar ist. Sterbehilfevereine, die der Gesetzgeber damit bekämpfen wollte, können damit wieder tätig sein. Über eine mögliche neue gesetzliche Regelung wird bereits diskutiert. Konkrete Gesetzesvorschläge aus dem Bundestag liegen aber noch nicht vor.