Bonn (epd). Im vergangenen Jahr ist rund 289.000 Haushalten wegen unbezahlter Rechnungen der Strom abgestellt worden. Im Vergleich zu 2018 sank die Zahl der Stromsperren um zwei Prozent, wie aus am Mittwoch veröffentlichten vorläufigen Zahlen der Bundesnetzagentur hervorgeht. Das sei der niedrigste Stand seit Beginn der Erhebung im Jahr 2011. Insgesamt drohten die Stromversorger im vergangenen Jahr 4,75 Millionen Haushalten an, den Strom abzuschalten. Grundsätzliche Kritik am Konzept der Stromsperre kam von der Linkspartei und auch den Grünen.
"Stromsperren müssen gesetzlich verboten werden", forderte die Fraktionsvorsitzende der Linken, Amira Mohamed Ali. Ein solches Verbot hat die Linke eigenen Angaben zufolge bereits beim Bundestag beantragt. Derzeit werde darüber im Ausschuss für Arbeit und Soziales beraten.
Der sozialpolitischer Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Sven Lehmann, sagte: "Ohne Strom ist keine soziale Teilhabe möglich. Das ist ein Armutszeugnis für ein reiches Land wie Deutschland." Er forderte einen nationalen Aktionsplan zur Bekämpfung von Energiearmut.
Der Paritätische Wohlfahrtsverband unterstrich seine Forderung nach einer umfassenden Reform von Hartz IV. Strom dürfe nicht mehr pauschal im Regelsatz erfasst werden, sondern müsse wie Miete und Heizkosten übernommen werden. "Stromsperren sind in unserer modernen Gesellschaft barbarisch. Energie gehört wie ein Dach über dem Kopf zum Existenzminimum", mahnte Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Verbandes.
Auch die Zahl der Gassperren sank der Bundesnetzagentur zufolge um rund 6,5 Prozent auf 31.000 - ebenfalls der niedrigste Wert seit Beginn der statistischen Erfassung. Etwa einer Million Haushalten wurde den Angaben nach damit gedroht, den Gasbezug zu kappen.
Stromversorger dürfen ihre Lieferungen einstellen, wenn ein Kunde mit mindestens 100 Euro in Zahlungsverzug ist. Bei Gasversorgern gibt es einen solchen Mindestbetrag nicht. Bevor der Lieferant die Gas- oder Stromversorgung ganz abstellen darf, muss er eine Sperrandrohung aussprechen und mindestens weitere vier Wochen warten.