Frankfurt a.M. (epd). Unter den Bundesländern wächst die Unterstützung für ein Verbot von Reichskriegsflaggen. Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Hamburg und Niedersachsen sprechen sich dafür aus, das Zeigen der Flagge im öffentlichen Raum zu untersagen, wie aus einer Umfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) unter den Innenministerien der Länder hervorgeht. Auch Rheinland-Pfalz, Thüringen, Sachsen-Anhalt und Berlin prüfen die Möglichkeit für ein Verbot. Für ein bundesweit einheitliches Vorgehen plädieren darüber hinaus Schleswig-Holstein, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern. Bremen hatte Mitte September beschlossen, die Reichskriegsflagge, die Rechtsextremen als Erkennungszeichen dient, aus der Öffentlichkeit zu verbannen. Niedersachsen gab am Donnerstagabend einen entsprechenden Erlass bekannt.
Baden-Württemberg strebt ein bundesweites Verbot der Flaggen an, wie sie zuletzt auch auf Demonstrationen gegen die Corona-Auflagen zu sehen war, etwa bei der Besetzung der Stufen zum Reichstagsgebäude Ende August in Berlin. Es wäre absurd, wenn in einem Bundesland solche Symbole geschwenkt werden dürften und in einem anderen nicht, sagte Innenminister Thomas Strobl (CDU). Auf Vorschlag von Strobl und Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sollen sich die Innenminister von Bund und Ländern bei ihrem nächsten Treffen im Dezember in Weimar mit einem möglichen bundesweiten Verbot beschäftigen.
Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) forderte ebenfalls ein Verbot. Das Zeigen der Flagge stehe für eine "klare Ablehnung und auch Distanz zu unserer Demokratie", sagte er auf dem digitalen Parteitag der CSU Ende September. Auch Hamburg zeigte sich gewillt, ein Verbot auszusprechen. Eine entsprechende Regelung werde aktuell geprüft, sagte ein Sprecher der Behörde für Inneres. Reichs- und Reichskriegsflaggen seien "Symbole einer antidemokratischen Gesinnung".
Ein Sprecher des hessischen Innenministeriums sagte, man könne sich "eine bundesweite Verschärfung des Verbots" vorstellen und sei für ein bundesweit einheitliches Vorgehen. Im Saarland hatte eine Sprecherin von Innenminister Klaus Bouillon (CDU) Mitte September der "Saarbrücker Zeitung" gesagt, dass eine Verfügung zur Unterbindung der missbräuchlichen Nutzung historischer Flaggen beabsichtigt sei. Zum aktuellen Stand konnte sich das Ministerium auf epd-Anfrage noch nicht äußern.
Auch das Land Berlin beschäftigt sich aktuell mit den Möglichkeiten für ein Verbot von Reichsflaggen, darunter auch Reichskriegsflaggen, wie ein Sprecher der Senatsinnenverwaltung dem epd sagte. Ähnlich äußerte sich das Thüringer Innenministerium und betonte, unabhängig davon befürworte man eine bundeseinheitliche Rechtslage. Die Innenministerien von Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen erklärten ebenfalls, der Umgang mit den Flaggen solle möglichst einheitlich in den Ländern geregelt sein.
Das sächsische Innenministerium erklärte jedoch, man erwäge derzeit kein Verbot. Es werde aber "genau hingeschaut", was etwa bei Protesten gegen Corona-Maßnahmen passiere und wie sich die Teilnehmer von Demonstrationen verhielten, sagte ein Sprecher. Aus Nordrhein-Westfalen lag keine Stellungnahme vor.
Dem Bremer Erlass zufolge kann die Polizei dort seit dem 21. September Reichskriegsflaggen konfiszieren und Bußgelder bis 1.000 Euro verhängen. Dies gilt auch für die schwarz-weiß-rote Reichsflagge ab 1892, die von 1933 bis 1935 Flagge des "Dritten Reiches" war, sofern "eine konkrete Provokationswirkung im Einzelfall" besteht. Bisher ist das öffentliche Zeigen der Fahne in der Version ohne Hakenkreuz nicht strafbar.
Rheinland-Pfalz, Brandenburg und Sachsen-Anhalt verwiesen auf eigene, bereits seit rund 20 Jahren gültige Erlasse, die mit der Bremer Regelung vergleichbar seien. Die Innenministerien in Mainz und Magdeburg erklärten, mögliche Aktualisierungen der jeweiligen Erlasse würden geprüft. In Potsdam sagte ein Ministeriumssprecher: "Ob die bestehende und bewährte Erlasslage auszuweiten ist, muss unter Beachtung der Bedeutung der Meinungsfreiheit sorgsam ausgewertet werden und sollte im Verbund mit allen Bundesländern erfolgen."
epd lde/mih rks