Tübingen, Bonn (epd). Der Verschwörungstheorien-Experte Michael Butter rät, bereits in der Schule junge Menschen über Verschwörungstheorien aufzuklären. Im Rahmen einer speziellen Unterrichtseinheit an weiterführenden Schulen könnten Menschen mit Argumenten erreicht werden, bevor sie mit Verschwörungstheorien in Kontakt gekommen seien, schreibt der Professor für Amerikanistik an der Universität Tübingen in dem neu erschienenen Sammelband "Nie wegsehen! Vom Mut, menschlich zu bleiben" (Dietz-Verlag, Bonn).
Um Verschwörungstheorien als solche zu erkennen, sind laut Butter vor allem drei Kompetenzen erforderlich: Medienkompetenz, um zu lernen, wie seriöse Nachrichtenquellen von unseriösen unterschieden werden können, und das Wissen, dass Nachrichten, die sich rasant verbreiten, nicht unbedingt wahr sind. Außerdem sei eine "Gesellschaftskompetenz" wichtig: Menschen, die mit Erkenntnissen der modernen Sozial- und Kulturwissenschaften oder der Psychologie vertraut seien, schienen weniger zu Verschwörungstheorien zu neigen.
Und zuletzt sei eine Geschichtskompetenz wichtig, weil eine Auseinandersetzung mit realen historischen Komplotten das Bewusstsein schärfen könne, in welchen Fällen es unsinnig sei, von einer Verschwörung auszugehen. "Verschwörungen hat es gegeben und wird es geben, aber nicht in diesem Umfang, Reichweite und Effektivität, wie es Verschwörungstheorien glaubhaft machen wollen", erklärt Butter.
Ein Unterricht, der solche Kompetenzen vermittle, würde das Problem von Verschwörungstheorien nicht lösen, betont der Leiter eines Forschungsprojekts zu Verschwörungstheorien. Er würde aber helfen, deren teilweise problematische Effekte einzudämmen.
Nicht jede Verschwörungstheorie sei gefährlich, erklärt Butter. Beispielsweise wenn jemand glaube, dass die Mondlandung nicht stattgefunden habe. "Aber es gibt Verschwörungstheorien, die Katalysatoren für Radikalisierung sein können und die Gewaltbereitschaft erhöhen", schreibt er.