Düsseldorf (epd). Nach der Aufdeckung rechtsextremistischer Chatgruppen bei der nordrhein-westfälischen Polizei plädiert der Wissenschaftler Rafael Behr für eine unabhängige Ermittlungsinstanz. "Das ist für mich das Mittel der Wahl, um den Kreislauf zu durchbrechen, dass Polizisten gegen Polizisten ermitteln", sagte der Professor für Polizeiwissenschaften am Fachhochschulbereich der Akademie der Polizei Hamburg der "Rheinischen Post" (Freitag). Solch eine Institution könne potenziellen Whistleblowern Schutz bieten. Ziel sei eine Kultur innerhalb der Polizei, in der Leute über solche Fälle sprechen.
Von den Ermittlungen in Nordrhein-Westfalen sind laut NRW-Innenministerium 30 Polizistinnen und Polizisten betroffen. Alle Beschuldigten wurden vorläufig vom Dienst suspendiert, gegen alle läuft ein Disziplinarverfahren, in zwölf Fällen wird auch strafrechtlich ermittelt. Von den Beschuldigten stammen 26 Beamtinnen und Beamte aus der Polizeiwache Mülheim, die zum Polizeipräsidium Essen gehört.
Von der Entdeckung solcher Chatgruppen sei er nicht überrascht, erklärte Behr. "Erstaunlich ist aber, dass eine ganze Dienstgruppe betroffen ist, sogar mit dem Dienstgruppenleiter." Das weise auf ein geschlossenes System und strukturelle Defizite hin. "Es gab offenbar keine Strukturen, die das verhindern konnten, und das ist ein großes Problem", unterstrich der Polizeiwissenschaftler.
"Die Mitglieder dieser Chatgruppe sind sicher nicht alle rechtsextrem, sondern zum Teil auch Mitläufer", sagte Behr der Zeitung. Das ändere aber nichts daran, dass es sich nicht um Einzelfälle handle. "Dieses Denken von den 30 schwarzen Schafen, denen 50.000 weiße gegenüberstehen, schadet der Aufklärung solcher Fälle und der Weiterentwicklung der polizeilichen Fehlerkultur insgesamt", unterstrich der Experte.