Brüssel, Berlin (epd). Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat vor dem Hintergrund der Zerstörung des Lagers Moria ein neues europäisches Asylsystem gefordert. Es solle an der Außengrenze entschieden werden, wer schutzbedürftig sei, und die Schutzbedürftigen sollten anschließend verteilt werden, erklärte Seehofer am Mittwoch im Bundestag in Berlin. Wenn nur die Schutzbedürftigen aufgenommen würden, könnten zwei Drittel der Asylbewerber schon nicht einreisen. "Und es ist ein Unterschied, ob ich eine Million in Europa zu verteilen habe oder zwei-, dreihunderttausend", sagte er.
Auf eine Frage, ob er wolle, dass "die Asylverfahren nicht mehr in Deutschland stattfinden sollen, sondern alle in den Hotspots selbst, so dass nur noch Anerkannte verteilt werden", sagte Seehofer: "Letzteres ist unser Ziel." Unklar war dabei, ob sich dies nur auf griechische Asylzentren oder auch andere bezog und damit, ob Seehofer gar keine Asylverfahren mehr in Deutschland durchführen lassen will. Der Minister äußerte sich vor dem Hintergrund der Zerstörung des griechischen Flüchtlingslagers Moria auf Lesbos in der vergangenen Woche und der für kommende Woche erwarteten Vorschläge der EU-Kommission für eine Reform des Asyl- und Migrationsrechts.
Die EU-Staaten haben sich bisher wegen der Frage der Verteilung nicht auf eine Reform des Asylrechts einigen können. Derzeit ist in der Regel das Land für einen Asylbewerber zuständig, wo dieser zuerst EU-Boden betritt. Bei den bisherigen Verhandlungen um die Umverteilung ging es allerdings vor allem um eine Verteilung von Asylbewerbern - also nicht um die Verteilung bereits anerkannter Schutzbedürftiger.
Die Bundesregierung hatte sich Anfang des Jahres auf ein Konzept geeinigt, das sie in die Beratungen über das EU-Asylsystem einbringen wollte. Nach Angaben aus Regierungskreisen enthielt es unter anderem eine Vorprüfung von Asylanträgen an den EU-Außengrenzen. Bei Anträgen, die offensichtlich keinen Erfolg hätten, sollten dem Konzept zufolge auch Einreiseverweigerungen und Zurückweisungen ausgesprochen werden.
Den jetzigen Vorstoß verband Seehofer mit der Idee, dass die EU-Kommission künftig eine maßgebliche Rolle bei Asylverfahren an Außengrenzen spielen soll. Dem Wortlauf nach bezog er sich dabei zunächst nur auf ein neues Zentrum auf Lesbos. "Die Kommission soll eine tragende Rolle haben, das soll ja ein europäisches Asylzentrum werden, mit Europa-Qualitäts-Standards." Die nationale Regierung habe dabei immer auch ein Wort mitzureden. Die Bundesregierung sei ihrerseits bereit, "personell zu unterstützen".