Lambrecht will mit Gesetz gegen Verschwörungsmythen vorgehen

Lambrecht will mit Gesetz gegen Verschwörungsmythen vorgehen
Die Krawalle in Leipzig und die Corona-Demo in Berlin sind Thema einer Aktuellen Stunde im Bundestag. Dabei sind sich fast alle Parteien einig: Die Demokratie muss stärker verteidigt werden. Die Justizministerin pocht auf ein Gesetz.

Berlin (epd). Angesichts der Verschwörungsmythen in der Corona-Pandemie dringt Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) auf ein Demokratiefördergesetz. Eine dauerhafte Finanzierung von Demokratie-Initiativen sei auf lange Sicht die "stärkste Waffe" gegen Extremisten, sagte sie am Donnerstag im Bundestag. Während der Aktuellen Stunde beschworen Abgeordnete parteiübergreifend die Verteidigung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und stärkten der Polizei den Rücken.

Die Debatte unter dem Titel "Keine Toleranz für die Feinde der Demokratie: Extremismus bekämpfen, Polizei und Justiz stärken" war auf Verlangen der Fraktionen von Union und SPD auf die Tagesordnung gesetzt worden. Die Abgeordneten diskutierten über die jüngsten Krawalle in Leipzig nach der Räumung eines besetzten Hauses sowie über die Corona-Demonstration Ende August in Berlin, bei der Demonstranten die Absperrungen vor dem Reichstagsgebäude durchbrochen und schwarz-weiß-rote Reichsflaggen geschwenkt hatten.

Im Kampf gegen Extremisten sollten sich alle Demokraten einig sein, sagte der Parlamentarische Staatssekretär im Innenministerium, Günter Krings (CDU), und betonte, die Bundesregierung sei "auf keinem Auge blind". Er kritisierte, dass Extremisten das Parlamentsgebäude "als Werbefläche" missbraucht hätten. "Bilder, die die Würde dieses Hauses verletzen, schaden dem Ansehen des Landes insgesamt." Er versprach, dass dies künftig verhindert werde. Eine Überprüfung des räumlichen Schutzes des Bundestags sei richtig und geboten.

Justizministerin Lambrecht dankte den Polizisten, die sich "einer aufgestachelten Meute" in Leipzig und Berlin entgegengestellt hätten. In der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Donnerstag) erläuterte sie, warum ein Demokratiefördergesetzes nötig sei. "Ein großes Problem ist, dass viele gesellschaftliche Projekte zur Stärkung der Demokratie nur eine befristete Finanzgrundlage haben." So könnten die Organisationen nicht längerfristig planen und es sei schwer, kompetente Mitarbeiter auf Dauer zu halten. Dabei brauche es bei Verschwörungsmythen "viel mehr Aufklärung für einen kritischen Umgang mit Informationen im Netz". Schon in der Schule müsse die Kritikfähigkeit der Kinder gestärkt werden, damit sie nicht auf "dumpfe Parolen und idiotische Mythen hereinfallen". Denn Menschen, die ernsthaft behaupteten, Deutschland werde in Wahrheit von Echsenwesen regiert, seien Sachargumenten nicht mehr zugänglich.

Im Bundestagsplenum stellte der Linken-Abgeordnete Sören Pellmann klar, dass der Rechtsextremismus sei die größte Bedrohung für die Demokratie sei. Zugleich verurteilte er aber auch die "Gewaltexzesse" in Leipzig, wobei er vor einer Gleichsetzung von autonomen Gruppen und friedlichen Linken warnte. Der Grünen-Politiker Konstantin von Notz verlangte ein "glasklares Bekenntnis" der Gesellschaft zu Demokratie, Rechtstaatlichkeit und Gewaltfreiheit. Wer Polizeibeamte verletze, sei nicht patriotisch, sondern kriminell. Die FDP-Abgeordnete Linda Teuteberg betonte, jede Form von Extremismus stelle eine ernsthafte Gefährdung für die freiheitlich-demokratische Grundordnung dar.

Der AfD-Parlamentarier Gottfried Curio kritisierte die Berichterstattung über die Corona-Proteste in Berlin: Eine "Treppen-Selfie-Truppe" sei zu "Quasi-Putschisten" hochstilisiert und dies als "Sturm auf den Reichstag" bezeichnet worden. Er nannte das "Fake News", ein "Belügen der Gesellschaft".