Manuela Strohofer sitzt in der heißen Hochsommersonne auf einer Parkbank direkt vor der Autobahnkirche "Licht an unserem Weg". Die Tochter des vor rund zwei Jahren verstorbenen Autohof-Gründers Anton "Toni" Strohofer kümmert sich seit Jahren um das 2001 eröffnete Gotteshaus - die erste privat gebaute und ökumenisch geweihte Autobahnkirche Deutschlands. Direkt daneben und baulich miteinander verbunden stehen das Hotel und die riesige Event-Halle.
"Dass die Synode bei uns tagt, ist ein Segen", sagt die 56-Jährige. Sie finde es großartig, dass "so viele glaubende, geistige, spirituelle Menschen an einem Ort zusammenkommen - und dann auch noch bei uns". Und ganz nebenbei kommt es dem Unternehmen Strohofer auch wirtschaftlich zupass, dass die mehr als 3.000 Quadratmeter große Halle und das Hotel an einem Wochenende komplett belegt sind: "Wir mussten ja seit Beginn der Corona-Pandemie alles absagen. Alles."
Genug Platz in Corona-Zeiten
An diesem Punkt trifft sich der Autohof mit der Landessynode: Weil deren übliche Tagungsorte - etwa Gemeindesäle oder Tagungshotels - angesichts der 108 Synodalen plus den Mitarbeitenden im Hintergrund für die Hygienevorgaben zu klein sind, musste die konstituierende Sitzung diesen März abgesagt werden. In der Event-Arena sowie den Tagungsräumen des Hotels und auch in der Autobahnkirche hingegen ist genug Platz für Plenartagung und Ausschusssitzungen.
Doch der Autohof Strohofer - mit seiner rund 50 Hektar großen Fläche einer der größten Europas - ist nicht nur wegen seiner Größe etwas Besonderes. Die Familie ist schon immer stark christlich orientiert gewesen. Sie engagiert sich in Netzwerken christlicher Unternehmer, vor mehr als 20 Jahren fing sie mit dem Bau einer Autobahnkirche an, dem Spott im Ort zum Trotz. Seither lädt sie jedes Jahr an Pfingsten zum großen Trucker-Gottesdienst mit Hunderten Gästen.
Strohofer sagt, ihre Familie glaube, "dass Gott zu einem glücklichen und erfüllten Leben gehören muss". Der Bau des Gotteshauses, das von außen ein bisschen wie ein Lego-Bausatz aus Betonelementen wirkt, war den Strohofers ein Herzensanliegen - allen voran dem "Toni" und seiner Tochter Manuela. Nicht nur, weil die Familie einen 17-jährigen Sohn und Bruder bei einem Unfall verlor. Aber schon auch. Vor allem aber "aus Dankbarkeit, dass Gott immer für uns da ist".
Diese Gläubigkeit der katholischen Strohofers kontrastiert nur auf den ersten Blick mit dem Umfeld der Kirche. Im Vorraum stehen Nippes und Devotionalien: hölzerne Schutzengel für den Auto-Innenspiegel, Tassen, Bücher von christlichen Bestseller-Autoren wie Anselm Grün, Stifte, Teelichter. Mit dem Verkauf wird ein Teil der Unterhaltskosten gedeckt. Auf Vertrauensbasis: Es gibt dort kein Personal, nur einen Opferstock. Den Großteil finanzieren die Strohofers privat.
Neue Erfahrung für bayerischen Protestantismus
Vor der Tür in Sichtweite ragen die Werbetafeln von Schnellrestaurants in die Höhe, von drei Tankstellen, die alle zum Autohof gehören. Auch Elektroladesäulen gibt es inzwischen. Und ein Restaurant. Ebenfalls in Sichtweite: ein Sexshop und eine Spielhölle. "Die haben mit uns aber nichts zu tun. Die stehen auf der anderen Seite der Straße", sagt Manuela Strohofer. Diese Klarstellung ist ihr ganz besonders wichtig. Mit "solchen Dingen" will die Unternehmer-Familie nichts zu tun haben.
In diesem Spannungsfeld also werden die neu gewählten Synodalen erstmals zusammenkommen. Für den bildungsbürgerlich geprägten bayerischen Protestantismus eine ganz neue Erfahrung. Oder, wie es Manuela Strohofer sagt: "Ich finde es gut, dass die Kirche in diesen schwierigen Zeiten den Mut hat, an Orte zu gehen, die anders sind, als man es erwartet." Landeskirchen-Sprecher Michael Mädler sagt, der Autohof sei auf Vorschlag eines Synodalen kontaktiert worden.
Spannend auf jeden Fall wird, welche Stimmung in der Event-Arena aufkommen wird, wenn die Synodalen dort ihre Gesangsbücher aufschlagen oder auch ihr neues Präsidium wählen wollen. Die Halle, die viele in der Region nur abgedunkelt von Konzerten kennen, wirkt bei Tageslicht doch etwas sonderbar. Eine Mischung aus Flughafen-Hangar, Dorfdisco und Lagerhalle: das große Gewölbe-Blechdach, die künstlichen Laubbäume mit Lichterkette und der geflieste Boden.
Option digitaler Teilnahme?
Nach Ausbruch der Pandemie war es auch Manuela Strohofer, der es besonders wichtig war, dass die Gottesdienste in der Autobahnkirche - am ersten Sonntag des Monats eine katholische Messe, am zweiten und vierten Sonntag ein evangelischer Gottesdienst und ansonsten ihre Wortgottesdienste - live ins Internet übertragen werden: "Wir können doch nicht einfach aufhören, das Wort Gottes zu verbreiten und zu verkünden, auch wenn dieses Virus noch so gefährlich sein mag."
Genau über dieses Problem will die neue Landessynode bei ihrer konstituierenden Sitzung beraten. Am letzten Tag (13. September) soll nämlich ein Gesetz verabschiedet werden, das auch die digitale Teilnahme an einer Sitzung etwa via Videokonferenz ermöglichen soll - und auch das Abstimmen auf elektronischem Weg. Schließlich weiß keiner, wie lange die Pandemie Präsenztagungen noch beeinträchtigt. Wobei Präsenztagungen laut Mädler der Normalfall bleiben sollen.
Auch die kommenden beiden Synodaltagungen werden voraussichtlich am Autohof Strohofer stattfinden, sagt der Kirchensprecher. Der für die Herbstsynode vorgesehene Tagungsort Bad Kissingen sei angesichts der Abstandsregeln zu klein. Zu Begegnungen mit Truckern aber wird es diesmal am Autohof wohl nicht kommen. Wegen der Corona-Regeln sei dies nicht vorgesehen - wobei genau das Charme haben könnte: ein Synodalgottesdienst mit Fernfahrern, oder: Talar trifft Tattoo.