Berlin (epd). Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, fordert mehr Wachsamkeit gegenüber Judenhass, der sich hinter vermeintlicher Israelkritik verbirgt. Die Form von Antisemitismus, über die derzeit gestritten werde, sei in der Mitte der Gesellschaft anschlussfähig, sagte Klein in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) und ergänzte: "Es geht um den Israel-bezogenen Judenhass."
"Wir sind uns einig beim Kampf gegen Antisemitismus von Rechtsextremen", sagte der Beauftragte der Bundesregierung für jüdisches Leben und den Kampf gegen Antisemitismus. Aber auch der Antisemitismus in der gesellschaftlichen Mitte müsse klar benannt werden. Dabei betonte Klein: "Es gibt keine harmlose Form von Antisemitismus."
Im Zusammenhang mit seiner öffentlichen Kritik an dem Kameruner Postkolonialismusforscher Achille Mbembe war Klein von einer Reihe israelischer und deutscher Wissenschaftler und Autoren vorgeworfen worden, den Begriff Antisemitismus inflationär zu gebrauchen. Klein wies das zurück: "Ich habe Herrn Mbembe nicht als Antisemiten bezeichnet, sondern habe Textpassagen aus seinem Werk kritisiert, die problematisch sind, weil er damit antisemitische Klischees bedient."
Der Beauftragte begrüßte die entfachte Debatte grundsätzlich. Die Heftigkeit habe ihn überrascht. Dies zeige aber, dass die Debatte notwendig sei, sagte Klein und ergänzte, er wolle sie gern führen. "Alle Stimmen, die sich beteiligt haben, wollen eine Welt ohne Antisemitismus und Rassismus", sagte Klein.
Der Beauftragte sagte mit Blick auf die inzwischen auf Eis gelegten Annexionspläne Israels, völkerrechtswidriges Verhalten könne natürlich kritisiert werden. "Die Grenze zu legitimer Kritik ist aber überschritten, wenn der Holocaust relativiert wird, indem beispielsweise Gaza als Konzentrationslager bezeichnet wird, oder wenn Israel als Täter- oder Apartheidsstaat bezeichnet wird", sagte er. "Zulässig wäre hingegen zu sagen, Israel befinde sich auf dem Weg in apartheidsähnliche Zustände", erklärte Klein.
Der Beauftragte sagte, für Juden in Deutschland sei es extrem belastend, "sich immer wieder rechtfertigen zu müssen, egal, wie sie zum Nahost-Konflikt stehen". "Die Gleichsetzung von Juden und Israel müssen wir aufbrechen", forderte Klein. Auf der anderen Seite sei aber auch klar, dass für alle Juden auf der ganzen Welt Israel eine besondere Rolle habe. "Für viele ist Israel die Lebensversicherung", sagte Klein. Er sehe es als seine Aufgabe an, das Verständnis für dieses besondere Verhältnis zu stärken.
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