Berlin (epd). Das Bundesinnenministerium hat nach Berlin auch Thüringen eine Absage für die geplante Aufnahme von zusätzlich 500 Flüchtlingen von den griechischen Inseln erteilt. Der Thüringer Migrationsminister Dirk Adams (Grüne) teilte am Freitag in Erfurt mit, dass das Ministerium kein Einvernehmen zum Thüringer Landesaufnahmeprogramm erklärt habe. Adams fügte hinzu, er sei enttäuscht. Diese Entscheidung und ihre Begründung würden nun geprüft. Die Möglichkeit einer Klage steht im Raum. Die Linken-Vorsitzende Katja Kipping forderte Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) auf, sich im Streit zwischen Berlin und Thüringen auf der einen und Seehofer auf der anderen Seite den Bundesländern anzuschließen.
Thüringen hatte das Bundesministerium im Juni um Einvernehmen zur Landesaufnahmeanordnung gebeten. Das Land wollte bis Ende 2022 bis zu 500 Personen eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen erteilen, insbesondere unbegleiteten Minderjährigen, allein reisenden Frauen, Schwangeren, alleinstehenden Müttern mit ihren Kindern sowie alten, schwer erkrankten und traumatisierten Flüchtlingen.
Vor Thüringen hatte Berlin bereits in der vergangenen Woche eine Absage von Seehofer für ein geplantes Aufnahmeprogramm erhalten. Die Bundeshauptstadt wollte 300 Flüchtlinge aufnehmen. Einer der von Seehofer angeführten Gründe für die Ablehnung der Landesaufnahmeprogramme ist die Zusage des Bundes, vor allem kranke Kinder aus den griechischen Lagern aufzunehmen. Dabei sollen 243 behandlungsbedürftige Kinder mit ihren Familienangehörigen - insgesamt rund 900 Menschen - nach Deutschland gebracht werden. Rund 150 sind bereits eingereist.
Über das Verbot der Landesaufnahmeprogramme gibt es nun erbitterten Streit. Linken-Chefin Kipping appellierte am Freitag an Laschet, der in dieser Woche das überfüllte Flüchtlingslager Moria auf Lesbos besucht hatte: "Schließen Sie sich Thüringen und Berlin an und bieten Sie selbst die Aufnahme von Geflüchteten an. Üben Sie Druck auf ihren Unionskollegen aus, die freiwillige Aufnahme zu erlauben." Verantwortungsvolle Politik heiße "helfen und handeln", sagte Kipping am Freitag dem Evangelischen Pressedienst (epd). Zustände wie in Moria verlangten humanitäre Lösungen jenseits von Parteibüchern.
Aus Nordrhein-Westfalen gab es am Freitag bereits Forderungen an Seehofer, allerdings nicht von Laschet, sondern von Integrationsminister Joachim Stamp (FDP). Er schlug im Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" vor, eine kurzfristige Videokonferenz zwischen Bund und Ländern abzuhalten, um eine Linie zu verabreden. "Auf dieser Basis kann Horst Seehofer mit den anderen europäischen Ländern und Griechenland verabreden, wie die katastrophalen Bedingungen vor Ort substanziell verbessert oder sogar aufgelöst werden können", sagte Stamp.
Seehofer habe recht mit dem Verweis auf ein bundeseinheitliches Vorgehen. Dennoch gebe es die erkennbare Bereitschaft von mehreren Ländern zur Aufnahme weiterer Kinder, darunter auch Nordrhein-Westfalen, ergänzte Stamp.
epd co/lob kfr