Düsseldorf, Berlin (epd). Der evangelische Migrationsexperte Manfred Rekowski hofft auf neuen Schwung in der festgefahrenen europäischen Flüchtlingspolitik. "Dass die deutsche Ratspräsidentschaft hier Bewegung erzeugen will, die humanitäre Lösungen erleichtert und ermöglicht, ist ein sehr positives Vorzeichen", sagte der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland dem Evangelischen Pressedienst (epd). Im Blick auf die Lage der Menschen in den überfüllten griechischen Flüchtlingscamps sei jeder kleine Schritt und jede Einzelfall-Lösung wichtig und gut.
Der Arzt und Flüchtlingshelfer Christoph Zenses bezeichnet die Zustände im Flüchtlingscamp Moria auf der griechischen Insel Lesbos als katastrophal. "Hier hinzuvegetieren, das kann man sich nicht vorstellen", sagte der Internist aus Solingen am Dienstag im WDR. Er sei sprachlos, wütend und frustriert, dass in Moria keine Hilfe ankomme, sagte Zenses, der den Verein "Solingen hilft" gegründet hat und aktuell in dem Camp arbeitet. Trotz anderer Aussagen sei das Camp noch größer geworden. Sein Team schätze, dass in Moria 23.000 statt 16.000 Menschen leben.
Die Flüchtlinge hätten oft Schmerzen und posttraumatische Belastungsstörungen, auch Vergewaltigungen kämen häufig vor. Viele litten unter Problemen beim Wasserlassen, weil sie sich nachts nicht im Stockdunklen auf die Toilette trauten. Oft trete auch Krätze auf, weil die Menschen sehr nah beieinander lebten und schliefen, und es kaum Waschmöglichkeiten gebe. Zusammenarbeit mit Ärzten und dem Krankenhaus auf Lesbos gebe es nicht. Die Versorgung der Menschen finde allein in dem kleinen Container-Hospital im Camp statt. Bis 19. Juli gelten nach Zenses' Worten Corona-Beschränkungen, so dass die Menschen regelrecht eingesperrt seien.
Um die Flüchtlingscamps zu entlasten, drohen die griechischen Behörden nach Angaben von "Ärzte ohne Grenzen" Flüchtlingen mit der Vertreibung aus ihren Unterkünften. Menschen mit schwerwiegenden gesundheitlichen oder psychischen Problemen würden inmitten der Corona-Pandemie gezielt in die die Obdachlosigkeit gedrängt und von finanzieller Unterstützung abgeschnitten, kritisierte die Hilfsorganisation. Auch die medizinische Versorgung sei gefährdet. "Auf dem Viktoria-Platz im Zentrum Athens müssen bereits Hunderte von Geflüchteten unter freiem Himmel kampieren, unter ihnen auch Hochschwangere", erklärte Marine Berthet, medizinische Koordinatorin von "Ärzte ohne Grenzen" in Griechenland.
Die Behörden hätten begonnen, mehr als 11.000 Flüchtlinge aus ihren Unterkünften auszuweisen, sowohl auf dem griechischen Festland als auch auf den griechischen Inseln. "Viele dieser Menschen sind äußerst schutzbedürftig", betonte "Ärzte ohne Grenzen". Zu ihnen zählten Opfer von sexueller Gewalt, Folter und Misshandlung, ältere und chronisch kranke Menschen. "Ärzte ohne Grenzen" forderte die griechische Regierung dazu auf, die Räumungsmaßnahmen auszusetzen und mehr Unterkünfte für Flüchtlinge zu schaffen. Im Februar habe die griechische Regierung dafür Mittel der Europäischen Union erhalten.
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