Während Menschen bei einer Krebserkrankung oder multipler Sklerose oft die Frage stellten "warum gerade ich?", komme bei Covid-19 keiner auf die Idee, das zu fragen, sagte Nie am Donnerstag in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Hoffentlich ich nicht", sei die Reaktion auf das Virus. "Das zeigt noch einmal, was für einen hohen Wert es hat, dass wir so gut versorgt leben können", schließt der Pfarrer daraus.
In der Pandemie sei auch deutlich geworden, dass eine Gesellschaft bereit ist, eine Menge an Einschnitten in Freiheitsrechte in Kauf zu nehmen, um die schwächsten und am stärksten gefährdeten Menschen zu schützen. "Das ist ein großes und ermutigendes Zeichen an Solidarität und ich hoffe, dass das bleibt", sagt Nie.
Die Klinikseelsorger haben in den zurückliegenden Wochen noch einmal intensiver gelernt, was die Distanz zwischen den Menschen bedeutet und was es ausmacht, ein Gesicht hinter einer Maske nicht zu sehen, erklärt Frank Nie. Den Seelsorgern ist es gerade nicht wie früher möglich, Besuche in den Zimmern von Patienten zu machen. Sie haben daher festgestellt, "wichtig es ist, positiv auf die Menschen zuzugehen und nicht zu warten, dass einer anruft, weil er was braucht".
Das medizinisch gebotene Besuchsverbot in der Corona-Pandemie lasse die Patienten sehr alleine, bedauert Nie. Bei manchen Patienten mache das die psychische Stabilität mürbe. "Da merkt man, dass die Besuche von nahestehenden Mensche, von Seelsorgern oder Psychologen tatsächlich der Genesung dienen", sagt er. Pfleger oder Ärzte könnten das nicht auffangen. Auch ein neu eingerichtetes Seelsorgetelefon, das Patienten der Erlanger Kliniken vier Stunden am Tag hätten anrufen können, sei sehr wenig angerufen worden, berichtet Nie. "Wahrscheinlich ist die Schwelle, einen Fremden einfach so anzurufen, dann doch sehr hoch".
Eine schwierige Situation
Zu Patienten mit dem Corona-Virus hatten die Erlanger Seelsorger relativ wenig Kontakt, auch weil in den Kliniken, für die sie zuständig sind, weniger Patienten lagen, als zunächst befürchtet worden war. Es seien ungefähr zehn Kontakte gewesen, berichtet Pfarrer Nie, "das waren dann aber schwer Kranke oder sterbende Menschen". Die Seelsorger kümmerten sich auch um Angehörige, wenn Patienten nicht ansprechbar waren, oder begleiteten einen Sterbende. Und einmal hätten sie "eingepackt in Isolationskleidung" auch eine Aussegnung" in einem Krankenzimmer durchgeführt. "Es waren für die Angehörigen und für die Patienten sehr schwierige Situationen".