Fast zwei Monate nach Beginn der Schließungen wegen der Corona-Pandemie haben am Sonntag erste Kirchen unter strengen Auflagen wieder gemeinschaftliche Gottesdienste gefeiert. Im Kölner Dom waren 122 Personen zum Pontifikalamt mit Erzbischof Rainer Maria Woelki zugelassen. Auch in der evangelischen Antoniterkirche in Köln fand ein erster öffentlicher Gottesdienst statt. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, zeigte sich im ZDF-Fernsehgottesdienst in Ingelheim, der noch ohne Gemeinde stattfand, optimistisch, dass die Menschen in Deutschland gut durch die Corona-Krise kommen.
Unter den Teilnehmern des Gottesdienstes im Kölner Dom waren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie einige geladene Gäste und Pressevertreter. "Schon jetzt ist es spürbar, wie besonders das physische Miteinander ist", sagte Woelki. Die Besucherinnen und Besucher trugen beim Einzug in die Kathedrale einen Mundschutz und nahmen auf markierten Sitzplätzen mit viel Abstand Platz. Während der Kommunion wurde den Gläubigen die Hostie unter einer Plexiglasscheibe angereicht. Die Besucher durften nicht singen, um keine Tröpfchen zu verbreiten. Es sang jedoch ein Chor.
An der Feier in der Antoniterkirche nahmen 30 Besucherinnen und Besucher teil, alle mit Mund-Nasen-Schutz. Sie saßen auf Stühlen, die jeweils mit mindestens zwei Metern Abstand im Kirchenraum verteilt waren. "Hier haben Sie mehr Beinfreiheit als in einem Erste-Klasse-Abteil der Bahn", sagte Pfarrer Markus Herzberg. In seiner Predigt verwies er auf den Gemeinschaftssinn, der gerade in diesen Tagen gefragt sei, die geprägt seien durch Kontaktsperren, Quarantänen und soziale Distanz. Vor allem ältere Menschen litten unter den Besuchsverboten.
Bedford-Strohm sagte in seiner Predigt in der Ingelheimer Saalkirche: "Ja, wir werden das schaffen. Wir werden zusammenhalten. Gott wird uns die Kraft dazu geben. Und vielleicht werden wir nach dieser Krise als Gemeinschaft stärker sein als vorher." Der Kampf gegen die Corona-Pandemie habe das Leben verändert, "egal, wo wir auf der Welt leben". Viele Menschen fühlten neben Dankbarkeit dafür, dass sie die Krise in Deutschland erlebten, auch tiefe Sorge, wie denn alles weitergehen solle und ob es je wieder so werden könne, "wie wir es kannten und liebten".
Unter dem Motto "Leben in der Ausnahmezeit" wurde am Sonntag auch ein evangelischer Fernsehgottesdienst im Berliner Dom ohne Gläubige gefeiert. Themen waren das Gleichgewicht zwischen Freiheit und Rücksichtnahme und das Leben unter den gegenwärtigen Ausnahmebedingungen. In Berlin sind wegen der Einschränkungen zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie erst ab Montag wieder Gottesdienste mit bis zu 50 Teilnehmern erlaubt.
Religiöse Veranstaltungen in Kirchen, Moscheen und Synagogen waren seit dem 16. März untersagt. Am Donnerstag vergangener Woche hatten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Regierungschefs der Länder beschlossen, Gottesdienste bundesweit unter Maßgaben wieder zu erlauben. Die konkreten Regelungen müssen die Bundesländer umsetzen.