Genf (epd). Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) befürchtet einen gigantischen Job-Verlust durch die Corona-Krise. Im zweiten Quartal 2020 drohten weltweit rund 305 Millionen Jobs verloren zu gehen, warnte die ILO am Mittwoch in Genf. Dabei handele es sich um Vollzeitstellen mit einer Wochenarbeitszeit von 48 Stunden.
Die Krise habe zu der Schließung von Betrieben und anderen Störungen in der Weltwirtschaft von unvorstellbarem Ausmaß geführt, hieß es. Für Millionen von Beschäftigten bedeute kein Einkommen auch kein Essen, keine Sicherheit und keine Zukunft, betonte ILO-Generaldirektor Guy Ryder. Millionen von Firmen rund um die Welt könnten kaum noch überleben. Ohne Hilfe würden sie verschwinden.
Die Kalkulation der ILO basiert auf einem erwarteten Wegfall von Arbeitsstunden im zweiten Quartal des laufenden Jahres verglichen mit dem letzten Quartal vor der Krise, dem vierten Quartal 2019. Diesen Wegfall von Arbeitsstunden rechnete die ILO in Jobverluste um. Anfang April erwartete die Organisation noch 195 Millionen Jobverluste im zweiten Quartal 2020. Der ILO-Generaldirektor begründete den Anstieg der Zahlen mit den verlängerten und teilweise verschärften Lockdowns rund um den Globus.
Ryder betonte jedoch, dass die Schätzungen der ILO mit Unsicherheit behaftet seien. Niemand könne in den extrem unsicheren Corona-Zeiten absolut verlässliche Voraussagen zur weiteren wirtschaftlichen Entwicklung machen, sagte er. Wie stark die globale Arbeitslosigkeit im Laufe des Jahres tatsächlich ansteigen werde, sei noch unklar. Die ILO war Mitte März noch im schlimmsten Fall von einem Verlust von knapp 25 Millionen Jobs infolge der Corona-Pandemie für das gesamt Jahr 2020 ausgegangen.
In allen Regionen der Welt habe sich die wirtschaftliche Lage infolge der Coronakrise immer weiter verschlimmert, erklärte die Organisation. In den Ländern Nord-, Mittel- und Südamerikas könne es den Schätzungen zufolge im zweiten Quartal einen Arbeitsstundenverlust von 12,4 Prozent geben, in Europa und Zentralasien liege der geschätzte Wert bei 11,8 Prozent. In allen anderen Regionen gingen die Schätzungen von 9,5 Prozent aus. Besonders dramatisch ist nach Ryders Aussage die Lage im informellen Sektor: Rund 1,6 Milliarden Arbeitnehmer drohe dort die Zerstörung der Lebensgrundlagen als Folge der Corona-Pandemie.