Die Kirchen in Deutschland fordern eine Lockerung der Corona-Beschränkungen auch für Gottesdienste. Sie erhoffen sich ein Entgegenkommen der Bundesregierung in den am 17. April stattfindenden Gesprächen mit christlichen, jüdischen und muslimischen Religionsgemeinschaften. Der Kirchenrechtler Hans Michael Heinig sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), er sei skeptisch, ob angesichts der Öffnung beispielsweise von Modeboutiquen ein fortgeltendes pauschales Verbot religiöser Versammlungen den Anforderungen des Grundgesetzes genüge.
Bund und Länder hatten am 15. April beschlossen, dass trotz geplanter Lockerungen für Geschäfte schon ab der kommenden Woche das Verbot religiöser Zusammenkünfte zunächst weiter bestehen soll. Das Bundesinnenministerium will sich nun dazu mit Vertretern aller Religionsgemeinschaften beraten. Die katholische Kirche werde in das geplante Gespräch einen Vorschlag einbringen, wie Religionsausübung und Infektionsschutz gleichermaßen gewährleistet werden können, kündigte der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing an. Der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm erklärte, er sei zuversichtlich, dass man sich mit der Bundesregierung und den Ländern auf "verantwortbare Formen des Gottesdienstes" einigen könne.
Regelmäßige Überprüfung nötig
Der evangelische Bischof von Berlin, Christian Stäblein, äußerte sich enttäuscht über das fortdauernde Gottesdienstverbot. Nun müsse ausgelotet werden, welche Möglichkeiten und Formen des gemeinsamen Gebets es vielleicht doch geben könne. Auch der anhaltinische Kirchenpräsident Joachim Liebig mahnte eine regelmäßige Überprüfung der Einschränkungen an: "Ich denke, wir wären gerade in Anhalt mit unseren überschaubaren Gemeindegrößen und in größeren Kirchengebäuden durchaus in der Lage, auch reguläre Gottesdienste stattfinden zu lassen, unter Einhaltung eines angemessenen Abstandes und aller hygienischen Vorschriften."
Auch der Leiter des Kirchenrechtlichen Instituts der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinig, plädiert für Differenzierungen. "Zu denken ist an eine Höchstpersonenzahl pro 100 Quadratmeter und absolut, Mindestabstand, Mund-Nase-Masken, keine Interaktion zwischen den Versammelten, kein Gesang, kein Abendmahl", schlug er vor. Außerdem regte er eine Anmeldung von Gottesdiensten bei Infektionsschutzbehörden an, damit diese im Zweifel einschreiten könnten.
Einige Bundesländer kündigten am Donnerstag an, über Lockerungen für Gottesdienste nachzudenken. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hält es für möglich, dass Gottesdienste in Bayern ab Mai wieder stattfinden können. Im Saarland könnte an Pfingsten, also Anfang Juni, wieder gemeinsam gebetet werden, stellte Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) in Aussicht. Auch der Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann (Grüne) kündigte an, Gottesdienstverbote zügig aufheben zu wollen. In Nordrhein-Westfalen sprechen Landesregierung und Religionsvertreter bereits heute miteinander.