"Wir halten die Erfahrung des Risses, des Getrenntseins nur ganz schwer aus", sagte Meister am Montag dem epd mit Blick auf aktuelle Kontaktverbote und das bevorstehende Osterfest. "Womöglich können wir die Kostbarkeit unserer Gemeinschaft gerade jetzt klarer bedenken und das wenige, das zurzeit an persönlicher Nähe möglich ist, als ein besonderes Geschenk achten." Meister ist auch Leitender Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD).
"Gerade entstehen neue Wege der Begegnung - und alte werden wiederentdeckt", sagte der Theologe. "Das ist spannend und gut." Briefe, Postkarten und Telefonate stifteten Nähe über räumliche Distanz hinweg. Auch die Kirche mache neue Erfahrungen mit Angeboten im Internet und in den sozialen Medien: "Wir erleben, dass dieses Gemeinschaftserlebnis nicht zwingend von körperlicher Anwesenheit abhängig ist."
"Verheißung auf freiere Zeiten"
Die Kirche stehe angesichts der Krise vor der Aufgabe, sich neu auf ihre ureigenste Rolle zu besinnen, sagte Meister: "Viele Menschen stellen sich gerade jetzt die Frage nach dem Sinn ihres Lebens, ihrer Beziehungen, ihres Lebensstils. Für diese ganz konkreten, lebensnahen Fragen war die Kirche stets das berufene menschliche und institutionelle offene Ohr in unserer Gesellschaft." Meister warnte jedoch davor, zu schnell Lehrstücke aus der Krise zu formulieren: "Auch weil viele Menschen sehr unter der jetzigen Situation leiden, etwa die Infizierten in Quarantäne oder die isolierten Menschen in den Altenheimen. Und alle, die um ihre Jobs bangen."
Die Menschen bräuchten jetzt die Hoffnungsbotschaft, dass Kontaktsperren und Ausgangsbeschränkungen absehbar endeten, betonte der Bischof. Ohne eine solche "Verheißung auf freiere Zeiten" könne die momentan noch vorhandene Akzeptanz für soziale Beschränkungen schwinden. Für ein konkretes Datum sei es seiner Ansicht nach aber noch zu früh.