Brüssel (epd). Trotz massiver Kritik an den Lebensbedingungen für Flüchtlinge und Migranten auf den griechischen Inseln hat die EU-Kommission auch vier Jahre nach Abschluss des EU-Türkei-Abkommens kein Vertragsverletzungsverfahren gegen Athen eingeleitet. Man sei sich der "schwierigen Situation" auf den Inseln bewusst und versuche sie zu bessern, erklärte eine Sprecherin am Mittwoch auf Anfrage in Brüssel. Ein Verfahren wurde ihr zufolge aber nicht gestartet.
Vertragsverletzungsverfahren sind ein gängiges Mittel, um mutmaßliche Verletzungen des EU-Rechts in den Mitgliedstaaten zu verfolgen. Die Kommission strengte beispielsweise 2016 fast 1.000 und 2017 mehr als 700 Verfahren an. Die Situation in den griechischen Lagern unterliegt unter anderem der EU-Aufnahme-Richtlinie.
Der EU-Türkei-Pakt vom 18. März 2016 legt fest, dass Flüchtlinge und Migranten, die irregulär auf die griechischen Inseln gelangen, in die Türkei zurückgebracht werden können. Bedingung ist jeweils ein individuelles Asylverfahren. Nicht zuletzt wegen schleppender Verfahren sind die Lager auf den Inseln seit Jahren überfüllt. Viele Organisationen und Experten sprechen von katastrophalen Zuständen.