Hamburg, Berlin (epd). Tausende Menschen haben am Wochenende in zahlreichen Städten gegen die EU-Flüchtlingspolitik protestiert. So forderten sie beispielsweise in Hamburg und Berlin die Aufnahme von Flüchtlingen von der türkisch-griechischen Grenze. Die Stadt habe genug Platz, um weitere Geflohne in Not aufzunehmen, sagte der Sprecher des Bündnisses "Seebrücke", Christoph Kleine, am Samstag in Hamburg. Pro Asyl rief die Bundesregierung auf, die Verletzungen der Flüchtlingsrechte in Griechenland und der Türkei anzuerkennen und entsprechend zu handeln.
Nach Angaben von "Seebrücke" beteiligten sich in Hamburg etwa 5.000 Menschen an den Protesten, laut Polizei waren es 3.900 Menschen. In Berlin kamen laut "Seebrücke" rund 4.000 Menschen zu einem Protestzug durch das Regierungsviertel am Samstag. Die Polizei sprach am Sonntag von gut 2.000 Teilnehmern.
Seit Tagen gehen Tausende Menschen in zahlreichen Städten Deutschlands gegen die EU-Flüchtlingspolitik auf die Straße. Für Samstag waren außer in Hamburg und Berlin Aktionen unter anderem in Münster, Weimar, Ulm, Leipzig und Oldenburg geplant. In Rostock gingen nach Veranstalterangaben etwa 900 Menschen auf die Straße. Die Stadt habe sich dem Bündnis "Sichere Häfen" angeschlossen und sich zur Aufnahme von Flüchtlingen bereit erklärt, erklärte das Bündnis "Rostock hilft". Das Versprechen müsse jetzt umgesetzt werden.
Am Sonntag riefen Aktivistinnen und Aktivisten zu Kundgebungen unter anderem in Potsdam auf. Auch in Städten in der Schweiz und in Österreich waren Kundgebungen angekündigt.
"Wir erleben einen permanenten Bruch der Menschenrechte und des Völkerrechts, auf den die Bundesregierung und die anderen EU-Staaten reagieren müssen", kritisierte Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt am Sonntag. Die Bundesregierung müsse zudem dafür sorgen, dass Familienangehörige, aber auch unbegleitete Kinder und Jugendliche sowie Frauen und traumatisierte Männer, aus Griechenland nach Deutschland ausreisen könnten. Schließlich dürfe Griechenland keine Menschen in die Türkei überstellen, da sie kein sicherer Drittstaat im Sinne des Asylrechts sei. Sie schiebe seit mehreren Jahren regelmäßig Personen in Staaten ab, in denen ihnen Folter oder andere schwere Menschenrechtsverletzungen drohen.
Es gebe derzeit keine Flüchtlingskrise, sondern eine Krise der Solidarität, sagte Dietlind Jochims, Flüchtlingspastorin der evangelischen Nordkirche in Hamburg. Es gehe um Menschen "mit Würde und Rechten". Aktuell gefragt seien Solidarität, die Achtung des Rechts und das Respektieren der Menschenwürde.
Nach der Öffnung der Grenze durch die Türkei harren Tausende Flüchtlinge an der Grenze zu Griechenland unter grauenhaften Bedingungen aus. Auch in den überfüllten Lagern auf den griechischen Inseln ist die Lage prekär. Immer mehr Organisationen und Politiker rufen die Bundesregierung auf, Flüchtlinge aus Griechenland in Deutschland aufzunehmen. Ein Bündnis von derzeit 138 Städten hat unter dem Motto "Städte Sicherer Häfen" die Aufnahme von Geflohenen angeboten. Auch die UN wünschen ein Vorangehen Deutschlands. Doch die Bundesregierung lehnt ein Vorgehen ohne die EU ab.
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