Dabrock: Gesellschaft muss "Suizid als Normaloption" verhindern

Sterbehilfe
© epd-bild/Werner Krüper
Peter Dabrock appelliert an Gesetzgeber und Gesellschaft, Sterbehilfe nicht als Normalfall zuzulassen.
Dabrock: Gesellschaft muss "Suizid als Normaloption" verhindern
Bundesverfassungsgericht entscheidet über Sterbehilfe
Vor dem für Mittwoch erwarteten Urteil über das Verbot organisierter Suizidbeihilfe hat der Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, Peter Dabrock, an Gesetzgeber und Gesellschaft appelliert, Sterbehilfe nicht als Normalfall zuzulassen.

Die Prozessführung gebe Anlass für die Erwartung, dass das Bundesverfassungsgericht den Strafrechtsparagrafen 217 aufheben wird, sagte der Sozialethiker dem epd. Man werde dann versuchen müssen, den Sinn des Paragrafen zu wahren und gleichzeitig die Vorgaben des Gerichts zu achten, sagte er. Gleichzeitig forderte er Änderungen in der Musterberufsordnung für Ärzte.

Paragraf 217 stellt seit 2015 die organisierte Suizidassistenz unter Strafe, wie sie von Sterbehilfeorganisationen auch in Deutschland angeboten wurde. Dabei werden einem Todkranken etwa tödliche Medikamente überlassen, aber nicht verabreicht, weil das als Tötung auf Verlangen strafbar wäre. Die Suizidassistenz im Einzelfall ist nicht strafbar. Mit dem Verbot der sogenannten geschäftsmäßigen Beihilfe wollte der Gesetzgeber aber verhindern, dass sie als Form organisierter Sterbehilfe angeboten wird. Das Bundesverfassungsgericht will am Mittwoch sein Urteil über die Rechtmäßigkeit dieses Gesetzes verkünden.

Dabrock sagte, jeder solle in Würde sterben dürfen. "Das darf aber nicht dazu führen, dass sich Menschen fragen müssen: 'Darf ich noch da sein?'", ergänzte er. Der evangelische Theologe plädierte für eine Kultur des Lebens und Sterbens, in der gelte, dass Suizid keine "Normaloption" des Sterbens sei. "Die Gesellschaft muss alles tun, dies zu verhindern", sagte er.

Viel gewonnen wäre nach seinen Worten, "wenn die Ärzteschaft in ihrer Musterberufsordnung das rigorose standesrechtliche Verbot der Suizidassistenz ändern würde". Konkret schlug Dabrock eine Formulierung vor, "die sich darauf beschränkt, dass Suizidassistenz keine ärztliche Aufgabe ist". Nach seiner Einschätzung wäre dies ein Mittel gegen Ärzte, die sich Sterbehilfevereinen verschrieben haben, "ohne über jeden Einzelfall ein Verbotsurteil aussprechen zu müssen". "Ärzte in Ausnahmesituationen hätten Rechtssicherheit", sagte Dabrock.

Die Musterberufsordnung der Bundesärztekammer sieht neben dem Verbot der Tötung auf Verlangen auch einen Ausschluss der Suizidassistenz vor. Konkret heißt es darin, Ärzte "dürfen keine Hilfe zur Selbsttötung leisten". Die Rolle und Befugnisse der Ärzte gehörten 2015 zu den umstrittensten Themen bei der Debatte über das Gesetz. Die Bundesärztekammer hatte damals für das dann vom Bundestag beschlossene Verbot der organisierten Suizidassistenz plädiert.