Nach UN-Schätzungen sind bei den anhaltenden Kämpfen in der Provinz Idlib und angrenzenden Regionen allein seit Anfang Dezember 900.000 Menschen vor der Gewalt dort geflohen.
"Jetzt tritt ein, wovor humanitäre Helfer seit Monaten warnen", sagt Martin Keßler, Leiter der Diakonie Katastrophenhilfe. "Das humanitäre Völkerrecht wird völlig missachtet, Hunderttausende Menschen müssen aus Todesangst fliehen." Wegen der anhaltenden Kämpfe könnten sie sich kaum in Sicherheit bringen oder Unterstützung bekommen. "Es droht eine riesige humanitäre Katastrophe."
Schutzlos bei klirrender Kälte
Selbst in Bauruinen fänden die Menschen kaum mehr Platz. "So haben die Flüchtlinge keine andere Chance, als im Freien zu übernachten und das bei klirrender Kälte", sagte Keßler. Viele Geflohene sind schutzlos den eisigen Temperaturen ausgesetzt, Kinder und Babys sterben laut UN infolge der Kälte. Keßler forderte, die Kriegsparteien dürften die Flucht der Menschen nicht behindern und müssten humanitären Organisationen den Zugang ermöglichen.
Die Armee des syrischen Machthabers Baschar al-Assad, das russische Militär und verbündete Milizen gehen seit April 2019 in Idlib gegen islamistische Kämpfer vor, die sich dort verschanzt halten. In diesem Monat startete die Regierung mit Unterstützung ihrer Verbündeten eine militärische Offensive zur Rückeroberung entscheidender Gebiete rund um die Städte Idlib und Aleppo. Nach UN-Angaben wurden allein in der ersten Februarhälfte mindestens 100 Zivilisten, darunter 18 Frauen und 35 Kinder, von Regierungstruppen und den Verbündeten getötet. Zudem seien zahlreiche Menschen verletzt worden.
Der Syrien-Krieg begann 2011 mit einem Volksaufstand gegen Assad. Rebellen und Terrorgruppen eroberten weite Teile des Landes. Mit Hilfe Russlands und des Irans gewann Assad die meisten Gebiete zurück.