Berlin (epd). Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina will die Debatte zum Klimaschutz international voranbringen. Spitzenwissenschaftler aus den G7- und G20-Staaten sollten sich dazu besser vernetzen, sagte der designierte Leopoldina-Präsident und Klimaforscher Gerald Haug am Dienstag in Berlin. Das Thema müsse "hochskaliert werden". Die Wissenschaft werde der Politik faktenbasierte Vorschläge machen.
Die Leopoldina vertritt als Nationalakademie die deutsche Wissenschaft im Ausland und in internationalen Gremien, unter anderem bei der wissenschaftsbasierten Beratung der G7- und G20-Gipfel. Zudem leistet sie wissenschaftliche Politikberatung in Deutschland.
Die Nationalakademie wolle auch dazu beitragen, Desinformationskampagnen etwa von rechtspopulistischen Stimmen zum Klimawandel zu reduzieren. Geplant sei, künftig "zeitlich punktgenau bei höchster Qualität" wissenschaftliche Expertenmeinungen zu veröffentlichen, kündigte Haug an.
Haug, der am 1. März Leopoldina-Präsident wird, begrüßte die "Fridays for Future"-Bewegung. Eine ihrer Kernaussagen sei, sich mit faktenbasierten Erkenntnissen auseinanderzusetzen und mit der Wissenschaft zu reden, betonte er: "'Fridays for Future' hat in einem Jahr mehr erreicht als viele Klimaforscher in 20 Jahren." Demnächst soll es ein Treffen mit Vertretern von "Fridays for Future" geben.
Die Leopoldina werde sich auch weiter mit ethischen Fragestellungen befassen etwa in der Medizinforschung oder beim Thema Künstliche Intelligenz. Geplant sei in diesem Jahr zudem eine Stellungnahme zu "Demokratie und Digitalisierung". Anlässlich der bevorstehenden deutschen EU-Ratspräsidentschaft sei auch ein Papier zur "Energiewende 2030" geplant. Dabei seien Transparenz, Ehrlichkeit und Ethik basierend auf Fakten "das Credo der Nationalakademie", sagte Haug.
Der Klimaforscher war Mitte Dezember 2019 zum neuen Leopoldina-Präsidenten gewählt worden. Er folgt auf den Mikrobiologen Jörg Hacker, der die Nationalakademie seit 2010 leitet und nach zwei Amtszeiten turnusgemäß ausscheidet. Unter seiner Amtszeit hatte die Leopoldina viel beachtete Stellungnahmen zu Zukunftsthemen wie Bioenergie, Klimaschutz, Präimplantationsdiagnostik und Genomchirurgie veröffentlicht. Auch zur Energiewende nach dem Reaktorunglück von Fukushima 2011, zum Ebola-Ausbruch 2014 oder 2019 zur Belastung der Atemluft durch Stickoxide und Feinstaub hatte sich die Wissenschaftsorganisation geäußert.
Sein Nachfolger besitze "ein hervorragendes Gespür für die Vermittlung von Forschungsthemen an Politik und Gesellschaft", betonte Hacker. Haug pflege sehr gute Netzwerke in der nationalen und internationalen Wissenschaft. Damit sei er bestens vorbereitet auf die Leitung der Leopoldina als Nationalakademie.
Haug ist Direktor am Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz sowie Professor an der Eidgenössisch-Technischen Hochschule (ETH) Zürich. Die Feier zur Amtsübergabe findet am Donnerstag in Halle statt.