Hannover (epd). Der niedersächsische Flüchtlingsrat hat die deutschen Behörden aufgefordert, Rechercheaufträge offenzulegen, die sie an den türkischen Vertrauensanwalt der deutschen Botschaft in der Türkei gestellt hat. Bei dessen Verhaftung im vergangenen Jahr seien laut türkischen Medienberichten offenbar Akten mit Informationen von rund 4.000 Asylbewerbern sichergestellt worden, teilte der Flüchtlingsrat am Sonntag in Hannover mit. Der Jurist sei mit der Prüfung von Dokumenten beauftragt gewesen, die aus der Türkei nach Deutschland geflohene Menschen zum Beleg ihrer Verfolgung vorgelegt hatten. Dem Anwalt werde Spionage vorgeworfen.
Der Kooperationsanwalt war im September 2019 in der Türkei festgenommen worden. Seitdem besteht die Sorge, dass sensible Informationen über Schutzsuchende in der Hand der türkischen Behörden sind.
Zwei Anfragen der Linkspartei im Deutschen Bundestag hätten ergeben, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) bisher 448 möglicherweise gefährdete Personen informiert habe, sagte der Geschäftführer des Flüchtlingsrates, Kai Weber. Allerdings habe das Auswärtige Amt auch mitgeteilt, dass die türkischen Behörden einen PC und zwei Datenträger beschlagnahmt hätten. Daher könne die Bundesregierung letztlich nicht sagen, in wie vielen Fällen sich eine Gefährdung für Asylsuchende ergeben könnte.
Das Auswärtige Amt hatte nach Bekanntwerden der Festnahme die türkischen Behörden kritisiert. Weber zufolge hat das Auswärtige Amt inzwischen alle personenbezogenen Recherchen durch türkische Anwälte eingestellt.