Berlin (epd). Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mahnt zu mehr Diplomatie zur Lösung aktueller Krisen und Konflikte. Ohne den Iran oder die USA zu nennen, sagte Steinmeier laut Redemanuskript am Montag beim Neujahrsempfang für das Diplomatische Korps in Schloss Bellevue, er sei "tief besorgt" über "den Abgrund und die unabsehbaren Folgen einer Entwicklung, in der die Staaten nichts mehr geben auf einen Geist der Verständigung und der gemeinsamen Verantwortung".
Steinmeier betonte: "Was wir als Staaten miteinander vereinbaren und aushandeln, sind in aller Regel unvollkommene Kompromisse." Aber jede Vereinbarung, die trage, schaffe Vertrauen und biete Chancen für mehr. "Wo aber stehen wir, wenn Vereinbarungen nichts mehr gelten? Wenn jedes Vertrauen verloren geht und keine Drohung groß und roh genug sein kann? Wenn die Glaubwürdigkeit und Autorität aller vermittelnden Institutionen der Völkergemeinschaft bewusst geschwächt worden ist?" Das sei die bange Frage, mit der alle zu Beginn dieses Jahres konfrontiert seien. "Das kann und darf nicht der Weg Europas sein. Das kann nicht Deutschlands Weg sein."
Zuvor hatten sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und der britische Premierminister Boris Johnson in einer gemeinsamen Erklärung zu dem Atomabkommen mit dem Iran bekannt. Sie wollten sicherstellen, dass der Iran niemals eine Atomwaffe entwickele und der Wiener Nuklearvereinbarung mit Teheran komme dabei eine Schlüsselrolle zu. Sie bedauerten den US-Rückzug aus der Vereinbarung und die neuen Sanktionen gegen den Iran. Zugleich riefen sie Teheran auf, seine Verpflichtungen aus dem Atom-Abkommen wieder vollumfänglich einzuhalten.
Steinmeier äußerte die Hoffnung, "dass das Erschrecken über die Eskalation der letzten Tage und ihre katastrophalen Folgen einen Impuls zum Umdenken gibt, zurück zum mühsamen, harten, aber so notwendigen Versuch, Vertrauen aufzubauen".