Brüssel (epd). Weitere zwei Millionen Venezolaner werden nach UN-Schätzungen im kommenden Jahr ihre Heimat verlassen. Die Zahl der Flüchtlinge und Migranten aus dem südamerikanischen Krisenland werde Projektionen zufolge von derzeit 4,5 Millionen auf 6,5 Millionen steigen, sagte der Der UN-Sondergesandte Eduardo Stein am Montag in Brüssel auf einer Hilfskonferenz für Venezuela. Fast 85 Prozent von ihnen würden in Lateinamerika bleiben. Hinzuzählen müsse man die Millionen Menschen, die die Grenzen Venezuelas überquerten, um ihre Grundbedürfnisse zu decken, erklärte der Sondergesandte von Flüchtlingshilfswerk UNHCR und Internationaler Organisation für Migration (IOM). Zudem hätten auch viele in Venezuela lebende Ausländer das Land verlassen.
Stein würdigte die Aufnahme der Geflohenen in den Nachbarländern, die den Einheimischen viel abverlange. Er machte aber auch auf steigende Fremdenfeindlichkeit gegenüber den Neuankömmlingen und neue und von den Venezolanern schwer zu erfüllende Anforderungen für die Einreise aufmerksam. Das wiederum erhöhe die Wahrscheinlichkeit für irreguläre Grenzüberquerungen, erklärte Stein.
Obwohl es die zweitgrößte Vertriebenenkrise der Welt sei, erscheine das Geschehen in und um Venezuela nicht täglich in den Schlagzeilen, sagte EU-Entwicklungskommissar Neven Mimica bei der Konferenz, die von UNHCR, IOM und der EU ausgerichtet wurde und bis Dienstag dauert. Die Konferenz solle der Welt das Ausmaß der Krise vor Augen führen und Solidarität für die Betroffenen signalisieren, erklärte er. Außerdem soll das Treffen, das aber keine klassische Geberkonferenz ist, Unterstützung bei der Bewältigung des Exodus mobilisieren.
In Venezuela tobt ein erbitterter politischer Machtkampf zwischen der Opposition und der Regierung. Parlamentspräsident Juan Guaidó hatte sich im Januar zum Übergangspräsidenten erklärt. Inzwischen wird er von mehr als 50 Staaten anerkannt. Auf der Seite von Präsident Nicolás Maduro stehen Länder wie Kuba, Russland und die Türkei. Maduros größter Machtfaktor ist das Militär, das bislang mehrheitlich zur Regierung hält.