Forscherin: Trennung von der Familie hemmt die Integration

Forscherin: Trennung von der Familie hemmt die Integration
17.07.2019
epd
epd-Gespräch: Verena Mörath

Berlin (epd). Die Trennung von der Familie hemmt nach Einschätzung der Sozialwissenschaftlerin Diana Schacht die Integration von Flüchtlingen in Deutschland. "Die Ungewissheit und Sorge um die Dagebliebenen, vor allem um minderjährige Kinder im Herkunfts- oder in einem Transferland, belastet sehr", sagte die Mitarbeiterin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Berlin. Eine längere Familientrennung könne zu einem echten Integrationshindernis werden.

Insgesamt seien die von ihrer Familie getrennten Männer und Frauen überdurchschnittlich oft mit ihrer Lebenslage unzufrieden, sagte die Forscherin, die in einer Studie jüngst die Lebenssituation und Familienstruktur von Flüchtlingen untersucht hat.

Für die Erhebung wertete Schacht die Daten von 3.400 Flüchtlingen zwischen 18 und 49 Jahren aus, die zwischen 2013 und 2016 in Deutschland eingereist waren. Fast jeder zweite war den Ergebnissen zufolge verheiratet und hatte durchschnittlich zwei minderjährige Kinder.

Knapp zehn Prozent gaben an, dass mindestens eines ihrer Kinder im Ausland lebt. 12 Prozent waren seit der Flucht vom Ehepartner getrennt. Während etwa die Hälfte der Männer alleine einreiste, kamen der Großteil der Frauen mit ihrer Familie nach Deutschland (80 Prozent).

Flüchtlinge, deren Kinder oder Partner im Herkunftsland lebten, seien so sehr mit der Sorge um den Familiennachzug beschäftigt, dass ihnen oft der wichtige Antrieb für Sprachunterricht, die Wohnungs- und die Arbeitsplatzsuche fehle, erläuterte die Expertin.

Schacht empfiehlt, mehr Hilfs- und Beratungsangebote einzurichten, die Flüchtlingen helfen, die Trennung von ihren Angehörigen emotional zu verarbeiten. Diese Angebote müssten alltagsorientiert sowie niedrigschwellig sein und etwa über die Leistungen der Integrationskurse hinausgehen. Die Sozialwissenschaftlerin fügte hinzu: "Ein zeitnaher Familiennachzug könnte natürlich entlasten." Zusätzlich gäbe dieser der Familie auch einen neuen Motivationsschub für die eigene Integration.

Der Familiennachzug für subsidiär geschützte Flüchtlinge wurde im Frühjahr 2016 ausgesetzt, um die Zuwanderung nach Deutschland zu begrenzen. Betroffen sind vor allem Syrer, die oftmals nicht als politisch Verfolgte im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention anerkannt werden, sondern nur den untergeordneten Status zum Schutz vor dem Bürgerkrieg in ihrem Land erhalten. Seit August 2018 gilt eine Kontingentregelung: Pro Monat dürfen 1.000 Menschen zu ihren Angehörigen nachziehen.