Klimaschutz, Seenotrettung, soziale Gerechtigkeit: Beim evangelischen Kirchentag in Dortmund wird in den kommenden Tagen über die großen Themen der Zeit diskutiert. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hob vor dem Auftakt des Protestantentreffens insbesondere die Digitalisierung hervor. Der Kirchentag biete Gelegenheit, über die Gestaltung der digitalen Zukunft ins Gespräch zu kommen, sagte er dem Evangelischen Pressedienst (epd). Zum 37. Deutschen Evangelischen Kirchentag, der am frühen Abend mit drei großen Gottesdiensten eröffnet wird, werden mehr als 100.000 Gäste erwartet. Das Laientreffen mit fast 2.400 Veranstaltungen steht unter dem biblischen Leitspruch "Was für ein Vertrauen" und dauert bis zum 23. Juni.
Steinmeier forderte mehr Gestaltungswillen im Umgang mit digitalen Technologien. "Wir können die Gestaltung der Zukunft in die eigenen Hände nehmen, allerdings nicht jeder für sich, sondern nur miteinander und solidarisch." Viele Menschen würden die gesellschaftlichen und technologischen Auswirkungen der Digitalisierung als Fremdbestimmung erfahren, manche fühlten sich ohnmächtig. "Dem sollten wir gemeinsam Vertrauen und Mut entgegensetzen und vor allem die digitale Technologien in den Dienst des Menschen stellen", sagte der Bundespräsident, der beim Kirchentag eine Rede zur digitalen Moderne halten wird.
Für die Grundsatzrede hat sich Steinmeier bewusst den Kirchentag ausgesucht, um ein breites Publikum zu erreichen, wie aus dem Präsidialamt verlautete. Der Bundespräsident lobte das fünftägige Protestantentreffen als Beispiel dafür, wie Bürger dem Freiheitsanspruch Gehör verschaffen und etwas bewegen könnten. "Es ist ein Ereignis mit großer Strahlkraft in alle Bereiche unserer Gesellschaft und unseres Lebens hinein."
Abgrenzung zur AfD
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, verteidigte erneut die Entscheidung des Kirchentagspräsidiums, keine AfD-Politiker nach Dortmund einzuladen. "Ich erwarte einen Klärungsprozess dazu, ob die AfD diese rechten Einstellungen als Teil ihrer Partei duldet oder sogar will, oder ob sie sich abgrenzt. Das steht noch aus", sage er der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Ihm sei es aber wichtig, mit Menschen, die AfD wählen oder sich in der Partei engagieren, im Gespräch zu sein, sagte der bayerische Landesbischof. Dazu brauche es jedoch einen Grundkonsens. "In der AfD gibt es Menschen, die sich als konservativ verstehen aber auch solche, die rechtsradikale Auffassungen vertreten und damit in diametralem Gegensatz zu christlichen Grundüberzeugungen stehen", erklärte Bedford-Strohm. Man könne nicht Christ sein und gleichzeitig Grundüberzeugungen vertreten, "die ganze Menschengruppen diffamieren, antisemitische und rassistische Einstellungen vertreten und Angst verbreiten".
Der Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, Peter Dabrock, erklärte, der Ausschluss von AfD-Politikern sei eine schwierige Entscheidung, die sich am Ende aber rechtfertigen lasse. Positionen, die offen eine Tendenz zu Ausgrenzung und Rassismus zeigten, sollten nicht zu Wort kommen, sagte der evangelische Theologe im Deutschlandfunk. Solche Meinungen dürften in ihrer Radikalität nicht den öffentlichen Diskurs bestimmen. Gleichwohl seien alle Menschen eingeladen, sich am Kirchentag zu beteiligen, betonte Dabrock. Er stellte klar, dass auch rechtskonservative Positionen gehört würden, etwa in dem geplanten Barcamp mit dem Titel "Das soll doch noch gesagt werden dürfen!", wo auch Gespräche mit Mitgliedern der AfD geführt werden sollen. Der Kirchentag wolle das gesamte gesellschaftliche Spektrum abbilden.