Sie wurde für ihr 2018 erschienenes Buch "Heimat - Ein deutsches Familienalbum" ausgezeichnet, in dem sie den Verstrickungen ihrer Familie im nationalsozialistischen Deutschland nachspürt. Die Autorin erzeuge mit ihrer Suche einen wahren Sog, dem sich der Leser kaum entziehen könne, sagte der Jury-Vorsitzende Christopher Krieghoff am Mittwoch in Hannover. "Nora Krug betreibt eine ergebnisoffene, neugierige Suche. Sie will nicht anschwärzen, nicht reinwaschen, sondern sie will die Wahrheit erfahren."
Der hannoversche Landesbischof Ralf Meister sagte, das Buch beleuchte mit der Suche nach Heimat und nach der eigenen Familiengeschichte zentrale gesellschaftliche Themen. Religion hänge sehr eng mit dem Nachdenken über Herkunft zusammen. "Wir zeichnen nicht Werke aus, die besonders religiös sind, sondern die wichtige Werte und ethische Grundsätze vermitteln", erläuterte der Theologe, der dem preisstiftenden Evangelischen Literaturportal vorsitzt. Das Christentum sei eine Religion des Buches und setze deshalb auch in Zukunft auf Bücher zur Vermittlung von Informationen, betonte Meister.
Krug, die als Professorin für Illustration an der Parsons School of Design in New York lehrt, wurde zur Preisverleihung in der Neustädter Hof- und Stadtkirche in Hannover per Skype-Konferenz aus den USA zugeschaltet. Die Laudatio hielt die Kölner Journalistin Katja Thimm, die 2012 selbst Preisträgerin war. Sie habe sich der Wirkung des Buches kaum entziehen können, sagte Thimm laut Redemanuskript.
Das knapp 300-seitige Buch ist wie ein Familienalbum handschriftlich gestaltet und mit zahlreichen Familienfotos und Zeichnungen der Autorin ausgestattet. Auch Dokumente wie etwa ein Fragebogen zur Entnazifizierung, der ihren Großeltern vorgelegt wurde, sind enthalten. Dies sorge beim Leser für eine ganz besondere Unmittelbarkeit der Erfahrung, erläuterte Britta Egetemeier vom Penguin Verlag, in dem das Buch erschienen ist. "Die Verbildlichung macht die Situation viel klarer." Die Familiengeschichte spiele in zwei kleinen Ortschaften bei Karlsruhe. Die Seiten der mütterlichen und väterlichen Familienstränge seien farblich unterschiedlich gestaltet. Erstmalig habe das Evangelische Literaturportal solch eine "Graphic Memoire" ausgezeichnet.
Krugs Werk setzte sich gegen 98 weitere von Lesern und Leserinnen vorgeschlagene Bücher durch. Der Buchpreis wird seit 1979 verliehen. Der Ort der Preisverleihung wechselt jährlich zwischen den evangelischen Landeskirchen. In Hannover gastierte der Buchpreis zuletzt 2007. Im kommenden Jahr findet die Verleihung in Bonn statt.