Keinesfalls dürfe zugelassen werden, "dass Menschen beleidigt oder angegriffen werden, weil sie ein Kopftuch, eine Kippa oder ein Kreuz tragen". Dafür dürfe es in Deutschland keinen Platz geben. Das Staatsoberhaupt forderte zum Dialog der Religionen auf. Speziell verwies er auf den Islam und die lange Diskussion darum, ob diese Religion zu Deutschland gehört. Steinmeier sagte, die eigentliche Frage laute, welcher Islam zu Deutschland gehöre: "Wie sieht eine islamische Lehre und Glaubenspraxis aus, die mit dem Leben in einer modernen, pluralistischen Gesellschaft im Einklang steht?" Die Förderung von Kinderehen oder die Missachtung von Frauenrechten täten es sicher nicht, sagte Steinmeier.
Er warnte Christen vor Überheblichkeit: "Es steht uns Christen gut an, uns daran zu erinnern, wie lange es gebraucht hat, bis die Kirchen ein positives Verhältnis zum modernen Verfassungsstaat gefunden haben." Sehr viele Protestanten hätten in der Weimarer Republik der Monarchie nachgetrauert, mit wenigen rühmlichen Ausnahmen, sagte Steinmeier und verwies darauf, wie lange in den Kirchen Homosexualität "buchstäblich verteufelt" worden sei. "Und auch die ersten Frauenordinationen in der evangelischen Kirche liegen so furchtbar lange auch noch nicht zurück", betone der Bundespräsident.
Steinmeier verteidigte in seiner Ansprache auch das Telegramm an den Iran zum dortigen Nationalfeiertag. Insbesondere die Sorge um Israel habe ihn dazu gebracht, international für das Atomabkommen mit Iran zu verhandeln, sagte er. Den Gesprächsfaden wolle er nicht abreißen lassen.
Steinmeier diskutierte mit dem Religionssoziologen Hans Joas, dem islamischen Theologen Mouhanad Khorchide und der Journalistin Evelyn Finger über die Rolle von Religion in einer Demokratie. Die Diskussion war die sechste Veranstaltung in der Reihe "Forum Bellevue", die nach den aktuellen Herausforderungen für die Demokratie fragt.