Mit Blick auf die Beratungen katholischer Bischöfe im Vatikan zu Missbrauch in der Kirche würdigt der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, das Engagement von Papst Franziskus. Er begrüße ausdrücklich, "dass Papst Franziskus die intensiven Debatten der katholischen Kirche um sexualisierte Gewalt nun in einem Bischofstreffen zusammen führt, um daraus die notwendigen Schlüsse zu ziehen", sagte Bedford-Strohm den Zeitungen der Essener Funke Mediengruppe.
Bedford-Strohm unterstrich die Verantwortung, die auch für die evangelische Kirche bestehe. "Für uns als evangelische Kirche sage ich in aller Klarheit: Wir müssen ebenso wie alle anderen gesellschaftlichen Akteure unsere Präventionskonzepte und zielgenaue Aufarbeitung konsequent weiterentwickeln", sagte der evangelische Theologe. "Null-Toleranz gegenüber Tätern und Mitwissern. Dafür stehen wir ein und sprechen uns als EKD dafür aus, den Schutz vor sexualisierter Gewalt als gesamtgesellschaftliche Herausforderung zu begreifen." Nur auf diesem Weg könne verloren gegangenes Vertrauen wieder aufgebaut werden.
Tiefe Vertrauenskrise
Der EKD-Ratsvorsitzende sprach von einer schmerzhaften Vertrauenskrise der Kirchen. "Ganz gleich ob evangelisch oder katholisch oder orthodox oder freikirchlich: Wo immer Handlungen passieren, die Leben zerstören, wird das mit Füßen getreten, wofür wir als Kirchen in der Nachfolge Jesu Christi stehen. In dieser Situation wenden sich Menschen von der Kirche ab." Über deutlich erhöhte Austrittszahlen für das vergangene Jahr sei schon berichtet worden. Genaue Zahlen werde man im Juli vorlegen, kündigte der bayerische Landesbischof an.
Unterdessen warnte der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Thomas Sternberg, vor zu hohen Erwartungen an das internationale Treffen mit den Vertretern der katholischen Bischofskonferenzen. "Ich befürchte, dass wir große Reformschritte nicht von einer solchen Tagung erwarten können", sagte er den Funke-Zeitungen. Das Treffen an sich sei positiv, denn niemand könne sagen, dass ein Land nicht betroffen wäre. Doch er erwarte, dass die Reformwilligen nicht ausgegrenzt würden und dass die nationalen Bischofskonferenzen bestärkt würden, einheitliche Vorgehensweisen bei Missbrauchsskandalen zu ermöglichen, sagte Sternberg weiter. Er bemängelte, dass es bei den deutschen Bistümern ein solches einheitlichen Vorgehen nicht gebe und die Aufklärungsarbeit sehr unterschiedlich laufe: "Die Erschütterung in Deutschland ist zu Recht sehr groß."
Vom 21. Februar an treffen sich die Vorsitzenden der Bischofskonferenzen aus aller Welt in Rom. Nach Angaben des Vatikans nehmen 190 Kirchenvertreter auf Einladung von Papst Franziskus an den Beratungen teil. Für die Deutsche Bischofskonferenz reist deren Vorsitzender, der Münchner Erzbischof Kardinal Reinhard Marx, nach Rom.