Solange die Islamverbände keine kirchenähnlichen Strukturen entwickelten, werde es kaum zu weiteren Staatsverträgen zwischen ihnen und den Landesregierungen kommen. Erst dann könne aber über dauerhafte Finanzierungsmodelle wie etwa eine Moscheesteuer nachgedacht werden. All dies sei in absehbarer Zeit aber nicht zu erwarten, sagte der stellvertretende Direktor des Instituts für Islamische Theologie an der Uni Osnabrück.
Die drängenden Aufgaben müssten aber dennoch angegangen werden. Dazu gehörten etwa die Einrichtung von Imamseminaren oder die Beauftragung von in Deutschland ausgebildeten Seelsorgern etwa für Justizvollzugsanstalten oder die Bundeswehr, sagte Ceylan: "Wir brauchen Berufsperspektiven für die an den Islamzentren ausgebildeten Theologen." Die Zahl der Studienanfänger sinke bereits, weil die Absolventen derzeit nur geringe Chancen hätten, einen angemessen bezahlten Job zu finden. "Wir können nicht abwarten. Wir brauchen Übergangslösungen."
Die Ditib-Imame, die aus der Türkei geschickt würden und mit der deutschen Sprache und Kultur nicht vertraut seien, sind laut Ceylan zurecht in der Kritik. "Aber es gibt Alternativen. Wir haben in Deutschland ausgebildete Theologen." Sie hätten allerdings keine Chance auf einen Job als Imame oder Seelsorger, weil ihnen der praktische Teil der Ausbildung fehle. Dieser könne analog zu christlichen Predigerseminaren in einem Imamseminar erfolgen.
Zur Finanzierung eines solchen Seminars, aber auch zum Einsatz von Seelsorgern in der Justiz oder bei der Bundeswehr könnten Stiftungen oder Vereine gegründet werden. Der Religionssoziologe bot an, das Osnabrücker Institut könne im Rahmen einer Tagung Vertreter von Islamverbänden und der zuständigen Ministerien mit den Wissenschaftlern zusammenbringen, um gemeinsam ein Modell zu erarbeiten.
Mit Übergangslösungen gebe es im Übrigen schon gute Erfahrungen. Mit einer Stiftung funktioniere bereits das Avicenna-Studienwerk für besonders begabte muslimische Studierende. Die Mercator-Stiftung trage derzeit die Kosten für die Stipendien. Ceylan verwies auch auf die Einrichtung von Beiräten an den Islamzentren oder zur Ausgestaltung des islamischen Religionsunterrichts an Schulen. In ihnen sitzen Vertreter muslimischer Verbände. Sie sind eine Hilfskonstruktion, weil die Verbände in der Regel noch nicht als Religionsgemeinschaften anerkannt sind.