Der Protestantismus hat aus Sicht des Direktors der Evangelischen Akademie Tutzing, Udo Hahn, vor 100 Jahren nicht zu den stabilisierenden Elementen der Weimarer Republik gezählt. Als fester Bestandteil der Zivilgesellschaft wüssten die Kirchen heute hingegen, was auf dem Spiel stehe, schreibt Hahn in einem Gastbeitrag für die in Weimar erscheinende Mitteldeutsche Kirchenzeitung "Glaube+Heimat". Der Rechtsrahmen der Weimarer Reichsverfassung habe sich bis heute bewährt und diene dem gesellschaftlichen Zusammenhalt.
"Den Vätern und Müttern des Grundgesetzes erschien es zwingend, in Artikel 140 fünf Artikel der Weimarer Verfassung aufzunehmen", so Hahn. Damit seien Staat und Kirche zwar getrennt, aber eine Kooperation sei ausdrücklich erlaubt, schreibt der frühere Leiter des Referates Medien und Publizistik der Evangelischen Kirche in Deutschland. Laut Hahn fehlte es der 1919 gegründeten Weimarer Republik an Rückhalt in der Bevölkerung. Zudem lasteten Massenarbeitslosigkeit, Kriegsschäden und Reparationsforderungen aus dem Ersten Weltkrieg schwer auf der jungen Demokratie. Hinzu käme, dass sich die politischen, wirtschaftlichen und militärischen Eliten von der Weimarer Republik abgewendet hätten.
Die frisch gewählte Deutsche Nationalversammlung tagte nach der Novemberrevolution in Berlin ab dem 6. Februar 1919 vorübergehend im Weimarer Theater. Das Parlament beschloss dort am 31. Juli die erste demokratische Verfassung für Deutschland. Die Zeit zwischen den beiden Weltkriegen wird deshalb auch als Weimarer Republik bezeichnet. 100 Jahre nach dem Zusammentreten der Nationalversammlung werden am 6. Februar neben Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auch die Spitzen der anderen Verfassungsorgane - Bundestag, Bundesrat und Bundesverfassungsgericht - zu einem Festgottesdienst und einem Festakt in der Klassikerstadt erwartet.