Der AfD steht auch weiterhin kein Sitz im Stiftungsrat für die niedersächsischen Gedenkstätten zu. Der Niedersächsische Staatsgerichtshof in Bückeburg wies am Dienstag eine entsprechende Organklage der AfD-Landtagsfraktion in Hannover zurück. Die Klage sei unbegründet und teilweise unzulässig, sagte Präsident Herwig van Nieuwland. Die übrigen Landtagsfraktionen und die Gedenkstättenstiftung sowie der Landesverband der jüdischen Gemeinden zeigten sich erleichtert. (Az: StGH 1/18)
Der jüdische Verbandsvorsitzende Michael Fürst bezeichnete die Entscheidung als gute Nachricht für die Überlebenden des Holocaust. "Für mich als Mitglied im Stiftungsrat wäre es unerträglich gewesen, neben einer Person sitzen zu müssen, die vielleicht den Holocaust relativiert oder sogar leugnet", betonte er.
Der Staatsgerichtshof sieht das Recht der AfD auf Chancengleichheit nach dem Niedersächsischen Verfassungsgesetz nicht als verletzt an. Die Partei habe Gelegenheit gehabt, ihre Ablehnung des Gesetzes im Parlament vorzubringen und diese auch genutzt, sagte van Nieuwland. "Die Abstimmungen sind nach dem Mehrheitsprinzip erfolgt und korrekt verlaufen." Zudem müsse der Stiftungsrat als außerparlamentarisches Gremium nicht "spiegelbildlich" alle im Landtag vertretenen Fraktionen abbilden.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Landtagsfraktion, Jens Nacke, begrüßte das Urteil. "Mit der Änderung des Gedenkstätten-Gesetzes haben wir verhindert, dass die Opferverbände aus der Gedenkstättenarbeit aussteigen." Die SPD-Abgeordnete Wiebke Osigus sagte: "Mit ihrem Auftritt in Bückeburg hat die AfD-Fraktion erneut bewiesen, dass es ihr nicht um Sachthemen, sondern lediglich um die Inszenierung der eigenen Opferrolle geht." Auch FDP und Grüne zeigten sich erfreut über die Entscheidung der Bückeburger Richter.
Die AfD selbst hält die Begründung des Urteils für nicht überzeugend. Weitere Rechtsmittel gebe es jedoch nicht, sagte der Abgeordnete Klaus Wichmann. "Grundsätzlich ist ein Urteil eines höchsten Gerichts zu akzeptieren."
Der Geschäftsführer der Gedenkstättenstiftung, Jens-Christian Wagner, zeigte sich dagegen erleichtert. Dass die AfD versucht habe, sich gegen den erklärten Willen der Überlebendenverbände in den Stiftungsrat einzuklagen, könne nur als Angriff auf die Gedenkstättenarbeit in Niedersachsen gewertet werden. Im Stiftungsrat sollte nur mitarbeiten, wer den Stiftungszweck unterstütze. Das treffe auf die AfD-Landtagsfraktion nicht zu.
Die AfD hatte die Klage im Juli eingereicht, um einen Sitz in dem Rat der Stiftung zu erreichen, die unter anderem die KZ-Gedenkstätte Bergen-Belsen trägt. Sie wendet sich gegen die Änderung des Gedenkstättengesetzes von Februar, durch die sie sich aus dem Stiftungsrat ausgeschlossen und dadurch die Chancengleichheit und ihre verfassungsmäßigen Rechte ausgehebelt sieht.
Alle Parteien außer der AfD hatten sich auf eine neue Linie verständigt. Danach wählt der Landtag vier Vertreter unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit in den Stiftungsrat. Zuvor konnte jede Fraktion einen Sitz beanspruchen. Hintergrund waren unter anderem Proteste jüdischer Überlebender der KZ-Gedenkstätte Bergen-Belsen gegen eine Beteiligung der AfD.