Es gebe zudem eine stille Verpflichtung, an Weihnachten Geschenke zu verteilen, sagte Newrzella. An den Feiertagen habe jeder die Erwartung an sich selbst, seine Familie und Freunde glücklich zu machen. "Es ist leicht zu sagen, dass es an Weihnachten nicht um materielle Dinge, sondern ums Zusammensein geht, aber die Menschen empfinden das Schenken trotzdem als wichtig."
Mit leeren Händen zu kommen beschäme die Menschen, sagte Newrzella, der beim Diakonischen Werk Steglitz und Teltow-Zehlendorf in Berlin arbeitet. Dabei würden sich die Angehörigen auch ohne Geschenke über die Anwesenheit freuen. "Besonders schwierig wird es zum Beispiel, wenn andere Familienmitglieder den Kindern etwas schenken, was man ihnen selbst nicht kaufen kann." Dadurch werde das Gefühl der Scham noch verstärkt.
"Armut macht still und leise", sagte Schuldnerberater Newrzella. Weil sie sich nicht bloßstellen wollen, zögen sich diese Personen zurück. Als Folge fühlten sie sich einsam und traurig, seien außerdem von gesellschaftlichen Ereignissen ausgeschlossen. "Gerade in der Weihnachtszeit belastet diese Menschen ihre finanzielle Situation sehr."
Ver- oder überschuldeten Personen stünden das ganze Jahr unter einem enormen Druck durch Gläubiger und Inkassounternehmen, erklärte Newrzella. "Diese Belastung rüttelt stark am Nervenkostüm." Für die Menschen drehe sich alles darum, wie sie mit ihrer finanziellen Lage umgehen sollen. "Wir klären über verschiedene Maßnahmen auf und entlasten die Leute so." Im schlimmsten Fall unterstütze die Beratungsstelle auch bei Privatinsolvenzverfahren.
Nur in wenigen Fällen lässt sich eine Überschuldung laut Newrzella auf übermäßigen Konsum zurückführen. "Viel gefährlicher sind unvorhersehbare Ereignisse wie plötzliche Arbeitslosigkeit, Krankheit, Scheidung oder plötzliche hohe Ausgaben wie Klassenreisen." Personen mit niedrigem Einkommen, die nichts zurücklegen können, seien daher besonders gefährdet. "Dass sich ein Mensch allein wegen der Weihnachtsgeschenke überschuldet, ist aber sehr unwahrscheinlich."