Die Politikwissenschaftlerin Gesine Schwan nannte die gegenwärtige Flüchtlingspolitik in Europa eine "Katastrophe". "Sie zerstört unseren normativen Boden", sagte Schwan, die SPD-Mitglied ist und sich für einen EU-Fonds zur Finanzierung einer freiwilligen Aufnahme von Flüchtlingen einsetzt. Nationalstaatliche Lösungen für die großen Probleme gebe es nicht mehr, sagte Schwan. Demokratische Werte könnten nur transnational und gemeinsam mit zivilgesellschaftlichen Akteuren verteidigt und politisch wirksam werden.
Schwan warnte zugleich davor, die Zivilgesellschaft zu überhöhen. Die Rechten hätten längst die Wirksamkeit zivilgesellschaftlicher Gruppen entdeckt. Demokratie brauche die ständige Vergegenwärtigung gemeinsamer Werte. In Internet-Blasen funktioniere das nicht, sagte Schwan. Dort gehe es nicht um den Austausch von Argumenten und Begründungen für politisches Handeln. "Die Idee einer Internet-Demokratie geht völlig am Sinn der Demokratie vorbei", warnte Schwan.
Der kenianische Anwalt und frühere Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen (UN) für das Recht auf Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Maina Kiai, rief die Kirchen auf, sich an die Spitze der Verteidiger demokratischer Werte zu setzen. Die Kirchen müssten ihre Privilegien nutzen, um für die Demokratie einzutreten. Dazu müssten sie sich mit den anderen Organisationen der Zivilgesellschaft zusammenschließen, sagte Kiai.
Die Konferenz Diakonie und Entwicklung ist das höchste beschlussfassende Gremium des Evangelischen Werkes für Diakonie und Entwicklung, zu dem die Diakonie Deutschland, "Brot für die Welt" und die Diakonie Katastrophenhilfe gehören. Die 112 Delegierten befassten sich auf der zweitägigen Konferenz unter anderem mit der Zukunft der Demokratie und der Rolle der Zivilgesellschaft. Außerdem standen Berichte, der Jahresabschluss des Evangelischen Werkes für Diakonie und Entwicklung 2017 sowie der Wirtschaftsplan für 2019 auf der Tagesordnung.