Der Theologe riet dazu, mit AfD-Anhängern über ihr Verständnis von Christlichkeit und christlichem Glauben zu diskutieren. Für ein "historisches Fehlurteil" halte er die auch in kirchlichen Kreisen anzutreffende Vorstellung, der Nationalstaat habe sich überlebt und gehe in Europa auf. Die Forderung nach mehr Europa als Antwort auf Rechtspopulismus und Autonomiebestrebungen wie etwa in Katalonien könne sich auf verhängnisvolle Weise kontraproduktiv auswirken. "So berechtigt die Kritik an einem neu aufflammenden Nationalismus in Europa auch ist, sollten die Kirchen Begriffe wie Nation oder Kultur nicht den Falschen überlassen", forderte Körtner.
Im Umgang mit der AfD hätten die Kirchen bislang einen unterschiedlichen Kurs eingeschlagen. Während die Katholiken der Partei auf dem Katholikentag den Diskurs verweigert hätten, habe der evangelische Bischof Markus Dröge beim Kirchentag in Berlin das Gespräch gesucht und "gekonnt Schwächen und Widersprüchlichkeiten ihrer Positionen" bloßgelegt, lobte Körtner. Zwar sei es christlich durchaus geboten, gegenüber fremdenfeindlichen, rassistischen und demokratiefeindlichen Positionen "klare Kante" zu zeigen, aber reflexhafte Aktionen, mit denen Andersdenkende pauschal als "verkappte Nazis" diffamiert werden, seien unsachlich und kontraproduktiv.
Körtner hält es für problematisch, dass konservative Christen bei der AfD Themen wie "Heimat" oder "Identität" finden, die die Kirchen vernachlässigten. Stattdessen höre man in der Kirche Sätze wie "Vielfalt ist Bereicherung". In seiner Pauschalität sei das "ein dummer Satz". Schließlich müsse man dann auch die AfD als Bereicherung empfinden.