"Da, wo die Christen stark sind, sind die Radikalen schwächer", sagte Vesper dem Bonner "General-Anzeiger" (Montag). Er sprach sich dafür aus, sich nicht nur zum Glauben und zum liturgischen Geschehen zu bekennen, sondern auch zu den Grundwerten, die aus dem Glauben folgten. "Deswegen sehen wir es als unsere Aufgabe an, auch dort Gesicht zu zeigen, wo wir in der Minderheit sind", sagte der Präsident der katholischen Laienorganisation mit Blick auf den verschwindend geringen Anteil katholischer Christen unter den Chemnitzern. Gerade in einer Stadt wie Chemnitz würden die Katholiken immer auch mit allen Menschen guten Willens zusammenarbeiten und die Gegner der Demokratie entschieden bekämpfen. Er forderte, Werte wie die Gastfreundschaft für Fremde und die Hilfe für sozial Schwache zu schützen.
Der sächsische Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) räumt einen Vertrauensverlust der Bürger in Politik und Rechtsstaat ein. Doch diese "Defizite des Staates" dürften nicht in Selbstjustiz, Hass, Hetze und Gewalttaten münden, sagte der stellvertretende Ministerpräsident des Freistaates der Tageszeitung "Die Welt" (Montag). "Dafür gibt es keine Legitimation", betonte Dulig angesichts der fremdenfeindlichen Ausschreitungen in Chemnitz. Der SPD-Politiker sagte: "Wir haben als gesamte Regierung gehandelt." Es würden wieder mehr Beamte eingestellt.
Großes Potenzial zum Stören
Als Reaktion auf die Ausschreitungen der zurückliegenden Tage wollen ab dem späten Montagnachmittag mehrere Bands in Chemnitz gegen Fremdenfeindlichkeit auftreten. Das Gratiskonzert steht unter dem Motto "Wir sind mehr". Auftreten werden unter anderem "Die Toten Hosen", "Feine Sahne Fischfilet" und die Chemnitzer Band "Kraftklub".
Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) erwartet für Montagabend erneut eine angespannte Sicherheitslage. Er freue sich, dass es das Konzert geben werde, sagte der Regierungschef am Sonntagabend in der ARD-Sendung "Anne Will". "Ich sehe aber auch, dass da ein großes Potenzial ist zum Stören", fügt er hinzu. Über das Netzwerk Facebook hatten sich weit mehr als 30.000 Besucher für die Veranstaltung angekündigt. Angesprochen auf die Lage am vergangenen Montag, als nur knapp 600 Polizisten in Chemnitz waren, die eine rechte Demonstration und Proteste dagegen absichern sollten, sagte Kretschmer, daraus habe man Schlüsse gezogen. Am vergangenen Samstag seien mehr Polizisten in der Stadt gewesen, und am Montag würden "auch noch einmal mehr da sein".
"Thügida"-Kundgebung nicht genehmigt
Derweil wurde eine ebenfalls für Montag beantragte Kundgebung des thüringischen "Pegida"-Ablegers "Thügida" nicht genehmigt. Grund sei die "bereits belegte Veranstaltungsfläche", sagte ein Sprecher der Chemnitzer Stadtverwaltung dem Evangelischen Pressedienst (epd). Weitere Versammlungen waren nicht angemeldet.
Chemnitz war auch am Wochenende nicht zur Ruhe gekommen. Eine Woche nach dem Tod eines 35-jährigen Mannes gingen erneut Tausende Demonstranten verschiedener politischer Lager auf die Straße. Dabei gab es erneut Verletzte. Der Deutsch-Kubaner war am Rande eines Stadtfestes mutmaßlich von zwei Asylsuchenden im Streit erstochen worden.
Politiker mehrerer Parteien erhoben am Montag Forderungen nach einer Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz. Die Bundesregierung blieb jedoch bei ihrer skeptischen Haltung. Derzeit lägen die Voraussetzungen einer Beobachtung der Partei als Ganzes nicht vor, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums am Montag in Berlin. Regierungssprecher Steffen Seibert ergänzte, die Voraussetzungen seien gesetzlich festgeschrieben. Die Sicherheitsbehörden müssten entscheiden, "wann was getan werden muss". Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) forderte allerdings eine weitgehende Beobachtung von Teilen der Partei.
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) forderte, Gewalt gegen Journalisten bei Demonstrationen "strikt zu unterbinden". Der Bundesvorsitzende Frank Überall sagte mit Blick auf das Geschehen in Chemnitz, die Einsatzkräfte müssten "Gewaltexzesse gegen Berichterstatter" verhindern. Mehrere Chefredakteure verurteilten die Gewalt und kritisierten die Polizei.