Kurschus wies zudem erneut pauschale Kritik am Kirchenasyl zurück und betonte dessen humanitäre Bedeutung. Menschlichkeit, Menschenwürde und Menschenrechte seien in jedem Einzelfall zu respektieren, sagte sie. "Das Kirchenasyl als ultima ratio ist eine immer sorgfältig geprüfte und verantwortlich abgewogene Möglichkeit." Das dadurch eröffnete Zeitfenster, dessen Regeln sehr klar definiert seien, stärke den Rechtsstaat sogar. "Weil es in den meisten Fällen dem Recht zum Durchbruch verhilft", unterstrich die Präses.
Scharf kritisierte Kurschus die "verbale Aufrüstung" in der deutschen Politik seit Einzug der AfD in den Bundestag. "Was lange selbstverständlich war, scheint zu bröckeln: Zivile Umgangsformen. Ein fairer Diskurs. Gegenseitiger Respekt, auch bei abweichenden Meinungen", beklagte die leitende Theologin. Die Hemmschwelle für Beleidigungen und Verleumdungen sei gesunken. "Es besteht die Gefahr, dass populistische Tendenzen mit ebensolchen Mitteln bekämpft werden." Als Beispiel für eine menschenverachtende Sprache nannte Kurschus den Begriff "Asyltourismus", den Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) über die Zuwanderung von Flüchtlingen gebraucht hatte.
Die Kirche sollte sich nach Ansicht der Präses der Diskussion mit AfD-Wählern per se nicht verschließen, aber kritisch hinterfragen. So müsse deutlich gemacht werden, dass das Programm der rechtspopulistischen Partei und der christliche Glaube im Widerspruch zueinander ständen. "Wo Toleranz keine Rolle mehr spielt in der Begegnung mit Andersgläubigen, wo Humanität, Barmherzigkeit und Hilfeleistung in ihr Gegenteil verkehrt werden im Umgang mit Geflüchteten, wird der Kern des Evangeliums verraten", betonte Kurschus.