Salvini sprach nach den Zusagen der EU-Länder von einem "politischen Sieg". Die Flüchtlinge waren am Wochenende von zwei Schiffen der italienischen Finanzpolizei und der EU-Grenzschutzmission Frontex von einem Holzboot gerettet worden.
Frauen, Minderjährige und Kranke waren bereits am Sonntag im Hafen von Pozzallo in Sizilien an Land gelassen worden. Bis zur Genehmigung für die übrigen Flüchtlinge in der Nacht zum Montag durften die beiden Schiffe nicht in den Hafen im Süden von Sizilien einlaufen. Der Bürgermeister von Pozzallo, Roberto Ammatuna, hatte zuvor bereits die Aufnahme der Ankömmlinge angeboten. Nach dem Einlaufen im Hafen wurden sie zur Identifizierung in den örtlichen Hotspot gebracht.
Die EU-Kommission begrüßte die Entwicklung. Sie sei möglich geworden dank der sechs EU-Mitgliedstaaten, "die zugesagt haben, einen Teil der 445 Migranten an Bord zu übernehmen", erklärte ein Sprecher in Brüssel. Italien rufe seit längerem zu regionaler Kooperation bei der Anlandung von Migranten auf "und hat damit recht", fügte der EU-Sprecher hinzu. Allerdings könnten "Ad-hoc-Lösungen wie diese nicht langfristig nachhaltig" sein, erklärte er. Deshalb müsse es europäische Lösungen auf Basis dessen geben, was die Staats- und Regierungschefs Ende Juni bei ihrem Gipfel in Brüssel vereinbart hatten.
Die Details der Aufnahme von 50 Bootsflüchtlingen in Deutschland sind noch offen. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte in Berlin, Deutschland habe seine entsprechende Bereitschaft erklärt. Alle damit zusammenhängenden Fragen würden nun im Einvernehmen mit Italien und gegebenenfalls internationalen Organisationen geklärt.
Bei den Schiffen, die die Flüchtlinge retteten, handelt es sich laut EU-Kommission um die italienische "Monte Sperone" und die britische "Protector". Die "Protector" sei ein britisches Schiff und kein Schiff der EU-Küstenwache Frontex, stellte eine Sprecherin klar. Zwar agiere es in einem ähnlichen Rahmen wie die Frontex-Schiffe im Mittelmeer, sein Einsatz beruhe aber auf einem britisch-italienischen Abkommen.
Lifeline-Kapitän fordert Rücktritt von Seehofer
In den vergangenen Wochen konnten mehrere Rettungsschiffe im Mittelmeer nicht im nächstgelegenen Häfen anlegen. Italien verwehrte die Einfahrt, zudem dürfen in Malta Schiffe der Seenotretter nicht mehr auslaufen.
Der in Malta angeklagte deutsche Kapitän der Seenotretter von "Mission Lifeline", Claus-Peter Reisch, kritisierte unterdessen die EU und forderte den Rücktritt von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU). Dieser wolle "Menschen auf dem Mittelmeer ertrinken lassen und Rettungskräfte vor Gericht stellen, er ist ein Täter, er gehört vor Gericht, er muss zurücktreten", erklärte Reisch am Montag nach Angaben des Vereins der Seenotretter bei seiner Ankunft am Münchner Flughafen. Das Gericht in Malta hatte dem Kapitän aus dem bayerischen Landsberg vom 16. bis 29. Juli aus familiären Gründen eine Ausreise gewährt.
"Es ist beschämend, dass die EU mehr dafür tut, Seenotrettung zu verhindern, als gegen das Sterben im Mittelmeer", erklärte Reisch: "Hätten wir die Leute einfach ertrinken lassen, würde ich jetzt wohl nicht vor Gericht stehen, das ist schäbig und eine Gefahr für die Demokratie." Mindestens 277 Menschen sind Reisch zufolge im Mittelmeer ertrunken, seit die Rettungsschiffe auf Malta festgesetzt sind.
Der Vorsitzende der Kammer für Migration und Integration der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Manfred Rekowski, wies bei einem Besuch auf Malta Vorwürfe zurück, private Seenotretter spielten Schleppern in die Hände. "Diese Helferinnen und Helfer retten Menschenleben, die in Seenot sind", sagte der rheinische Präses am Montag nach einem Treffen mit Crew-Mitgliedern des von Behörden festgesetzten Rettungsschiffs "Sea-Watch 3" im Hafen von Valetta. "Der Vorwurf, sie arbeiteten den Schleppern in die Hände, kriminalisiert sie und ihren wertvollen Dienst."
Die Anschuldigung der Beihilfe zur Schlepperei sei auch deshalb absurd, weil internationales Seerecht eingehalten werde, betonte Rekowski. "Die Pflicht zur Seenotrettung ist eine unbedingte Verpflichtung, unabhängig davon, ob die Notlage von den zu rettenden Personen selbst herbeigeführt wurde oder sie ohne ihr Zutun hineingeraten sind." Die EKD ist an der Finanzierung der Hilfsorganisation Sea-Watch beteiligt.