Den Musikpreis Echo wird es nicht mehr geben: Die Marke sei durch den Eklat um die Auszeichnung der Rapper Kollegah und Farid Bang so stark beschädigt worden, dass ein vollständiger Neuanfang notwendig sei, erklärte der Bundesverband Musikindustrie am Mittwoch in Berlin. Der Vorstand des Branchenverbandes habe in einer außerordentlichen Sitzung am Dienstag das Ende des Preises beschlossen. Künftig soll es eine neue Auszeichnung mit geänderten Regeln geben.
Der Echo sei viele Jahre ein "großartiger Preis" und zugleich "zentrales Branchenevent" gewesen. Es stehe außer Frage, dass Deutschland als drittgrößter Musikmarkt der Welt weiterhin "Musikpreise mit Leuchtturm-Charakter" brauche. Der Vorstand wolle jedoch keinesfalls, dass dieser Musikpreis als Plattform für Antisemitismus, Frauenverachtung, Homophobie oder Gewaltverharmlosung wahrgenommen werde. Das "um den diesjährigen Echo herum Geschehene" könne zwar nicht mehr rückgängig gemacht werden, man werde aber dafür sorgen, dass sich ein solcher Fehler nicht wiederhole.
Kulturbeauftragter begrüßt Entscheidung
Für den neuen Preis werden den Angaben zufolge die Kriterien von Nominierung und Preisvergabe vollständig verändert. Neben dem Echo für Popmusik werden auch die Auszeichnungen Echo Klassik und Echo Jazz neu konzipiert. Beim Nachfolger des Pop-Preises solle wie bei den beiden Ablegern, die von Anfang an reine Jury-Preise waren, die Jury stärker in den Vordergrund rücken. Beim Echo zählten neben den Stimmen von Fachjuroren auch der Verkaufserfolg. "Für eine Konkretisierung der Änderungen wird sich der Vorstand die erforderliche Zeit nehmen", hieß es.
Der Kulturbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Johann Hinrich Claussen, begrüßte die Entscheidung des Bundesverbandes. Eine solche Auszeichnung solle aufgrund von "Preiswürdigkeit", ästhetischer Qualität und Grundeinstellung der Künstler vergeben werden, aber nicht aufgrund von Verkaufszahlen mit ein "bisschen Jury-Brimborium" drumherum, sagte Claussen dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Bei der Echo-Gala vor zwei Wochen waren Farid Bang und Kollegah trotz Antisemitismus-Vorwürfen und massiver Kritik bereits an ihrer Nominierung ausgezeichnet worden. Die beiden Rapper erhielten den Preis für ihr Album "Jung, Brutal, Gutaussehend 3" in der Kategorie Hip-Hop/Urban National. Darin finden sich Textzeilen wie "Mache wieder mal 'nen Holocaust, komm' an mit dem Molotow" oder "Mein Körper definierter als von Auschwitz-Insassen". Der Ethikbeirat des Preises hatte sich mehrheitlich dagegen entschieden, Farid Bang und Kollegah auszuschließen. Nur die Vertreterin der katholischen Kirche in dem siebenköpfigen Gremium stimmte gegen die Nominierung.
Die Künstler waren bei der Gala am 12. April auch live aufgetreten. Der Bundesverband war anschließend unter massiven öffentlichen Druck geraten. Mehrere Echo-Preisträger wie Marius Müller-Westernhagen oder Daniel Barenboim hatten ihre Auszeichnungen zurückgegeben.
Für den Echo nominiert wurden je Kategorie die Künstler oder Bands, die in den Deutschen Charts auf den fünf besten Rängen platziert waren. Lediglich Alben, die auf dem Index für jugendgefährdende Medien landeten, waren automatisch von der Nominierung ausgeschlossen, in Zweifelsfällen konnte der Ethikbeirat eingeschaltet werden. Charterfolg und die Stimmen von Fachjuroren wurden am Ende zusammengezählt und entschieden so über die Echo-Preisträger.
Der Echo wurde seit 1992 jährlich vergeben. Der Preis sorgte immer wieder für Kontroversen: 2013 wurde die Südtiroler Band "Frei.Wild" nach Protesten kurzfristig wieder von der Liste der Nominierten gestrichen, erhielt 2016 aber dennoch einen Echo. "Frei.Wild" wird von Kritikern vorgeworfen, rechtsextremistische Motive zu verbreiten. Auch dem sechsfachen Echo-Gewinner und Moderator der letztjährigen Gala, Xavier Naidoo, wurde vorgeworfen, antisemitische und verschwörungstheoretische Texte zu verbreiten.