Ende 1979 hatte ihm Rom wegen seiner kritischen Sicht auf die Kirche die katholische Lehrerlaubnis entzogen. Doch gerade mit seinem Ruf als "Ketzer" eroberte er sich ein Millionenpublikum.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier würdigte am Freitag Küngs Einsatz für den Frieden unter den Religionen. "Durch die vielen Jahre Ihres unermüdlichen Wirkens sind Sie zu dem geworden, was für den Philosophen Kant der selbstdenkende Philosoph war: ein Weltweiser - ein Lehrer der Weltweisheit statt der Schulweisheit", erklärte der Bundespräsident in einem Glückwunschschreiben. Küng habe mit seiner Arbeit deutlich gemacht, dass es gemeinsame Werte gebe, "auf deren Grundlage sich Menschen und Nationen treffen" können.
Seit mehr als 60 Jahren wirbt Küng für ein zeitgemäßes Christentum. Christsein heißt für ihn "wahrhaft Mensch zu sein". Als junger Tübinger Professor wurde er zum Berater des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-65) berufen. Mit Joseph Ratzinger, dem inzwischen emeritierten Papst Benedikt XVI., war er damals der jüngste Konzilstheologe. Weil er bereits mit 32 Jahren Professor war, hatte er früher das Etikett "Teenager-Theologe". Zurzeit erscheint im Herder-Verlag die Gesamtausgabe seiner Werke in 24 Bänden.
In den vergangenen Jahrzehnten engagierte sich Küng vor allem für den Dialog der Religionen. Seit den 80er Jahren predigt er unermüdlich seine einfache Formel: kein Frieden zwischen den Nationen ohne Frieden unter den Religionen. Kein Frieden zwischen den Religionen ohne Dialog. Modelle für ein friedliches 21. Jahrhundert sucht seine Stiftung "Weltethos". Bis zu seiner Emeritierung 1996 lehrte Küng ökumenische Theologie und leitete das Tübinger Ökumene-Institut.
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Die rasante Globalisierung in den Bereichen Wirtschaft, Technologie und Medien verlange eine Steuerung durch eine weltweite, ethisch verantwortete Politik, fordert er etwa in seinem großangelegten Medien-Projekt "Spurensuche". Küng: "Globale Politik bedarf der Fundierung durch ein globales Ethos, ein Weltethos."
Der an Parkinson leidende Küng hatte vor einigen Jahren mit der Ankündigung Aufsehen erregt, für sich möglicherweise aktive Sterbehilfe in Anspruch zu nehmen. Für ihn komme das in Betracht, "wenn ich irgendwelche Zeichen von Demenz spüre", erläuterte der Schweizer Theologe in dem Buch "Glücklich sterben?" von 2014.