Sie werden eingesperrt, gefoltert oder ermordet. In der indonesischen Provinz Papua lebt jeder gefährlich, der sich gegen die Behörden stellt. Gravierende Menschenrechtsverletzungen sind an der Tagesordnung - und die Weltgemeinschaft nimmt kaum Notiz davon.
Zwischen Sorong und Manokwari im indonesischen westlichen Teil der Insel Neuguinea wird die Bevölkerung von ihrem Land vertrieben, um riesige Palmölplantagen zu errichten und wertvolle Mineralien wie Gold abzubauen - mit gravierenden sozialen und ökologischen Folgen. Wer dagegen protestiert, gehe ein hohes Risiko ein, sagt eine Menschenrechtsaktivistin. "Jeden Tag, jede Woche haben wir solche Probleme." Die Aktivistin möchte genauso wie alle anderen Gesprächspartner in Papua ihren Namen nicht veröffentlicht wissen, weil es lebensgefährlich sein könnte.
Auch wer sich gegen die Unterdrückung der Urbevölkerung durch die indonesische Regierung wehrt, muss mit Repressionen rechnen. Allein das Hissen der Morgensternflagge, dem verbotenen Symbol der Unabhängigkeitsbewegung von Papua, reiche aus, ins Gefängnis geworfen oder getötet zu werden, berichtet ein einheimischer Pfarrer. "Sehr häufig verschwinden Menschen einfach", sagt der Mann.
Seit 1963 ist die ehemalige holländische Kolonie gegen der Willen der einheimischen Bevölkerung von der Zentralregierung in Jakarta annektiert. Seither beutet Indonesien den Rohstoffreichtum Papuas aus, siedelte vor allem muslimische Bewohner aus übervölkerten indonesischen Inseln wie Java, Sumatra und Sulawesi dort an. Die traditionellen Rechte der meist bäuerlichen Ureinwohner - mehrheitlich Christen - in der rund vier Millionen Einwohner zählenden Region werden missachtet.
Militär und Polizei gehen brutal gegen die Bevölkerung vor, beklagen nicht nur Menschenrechtler der abgehängten Region am östlichen Rand des riesigen pazifischen Inselstaates Indonesien. Auch Amnesty International, das deutsche Westpapua-Netzwerk und die International Coalition for Papua (ICP) rufen dazu auf, gegen massenhafte illegale Verhaftungen, Vertreibungen, Enteignungen sowie Mord in Papua zu protestieren. ICP zufolge wurden im vergangenen Jahr zehn Papuas getötet, 175 gefoltert oder misshandelt und 599 Menschen aus politischen Gründen inhaftiert.
Einige Kirchenführer in Papua bezeichneten das Vorgehen des indonesischen Staates als rassistisch motivierten Völkermord, sagt Norman Voß vom Westpapua-Netzwerk, in dem sich mehrere evangelische Landeskirchen und Kirchengemeinden engagieren. Die Situation habe sich auch trotz Kritik der Vereinten Nationen nicht verbessert. Der Präsident der evangelischen Kirche in Papua, Andreas Mofu, ergänzt, Christen und Muslime hätten bisher gut zusammengelebt. Doch seit geraumer Zeit schürten ins Land einsickernde radikal-muslimische Gruppen Konflikte zwischen den Religionen.
Die evangelische Kirche in Papua hat etwa 800.000 Mitglieder. Sie unterstützt die Bevölkerung im Kampf für die Menschenrechte. So dokumentiert sie Übergriffe von Behörden und andere Unrechtsfälle und informiert internationale Organisation und die Vereinten Nationen. Die Kirche betreut auch Gewaltopfer und stellt ihnen Anwälte für Gerichtsverhandlungen zur Verfügung. Mitarbeiter gehen in die entlegenen Dörfer in den Urwald und klären die Urbewohner über ihre Rechte auf. Zudem kartografieren sie den Landbesitz der Einwohner, um ihn vor dem unberechtigten Zugriff des Staates zu schützen. "Wir haben höchsten Respekt vor dieser Arbeit", betont der Diakoniedezernent der pfälzischen Landeskirche, Manfred Sutter.
Menschenrechtler in Papua sind sich der ständigen Gefahr um Leib und Leben bewusst. Auch sie sei schon persönlich von Sicherheitskräften bedroht worden, sagt die Menschenrechtsaktivistin. "Doch wer hilft sonst unseren Leuten, wenn wir Angst haben?"