Der evangelische und katholische Religionsunterricht komme zunehmend in schweres Fahrwasser, schrieb Heinig in der "Zeit"-Beilage "Christ und Welt" unter Verweis auf Entwicklungen wie den kooperativen Religionsunterricht, bei dem die Kirchen wegen zurückgehender Schüler- und Lehrerzahlen zusammenarbeiten - "obwohl die theologischen Differenzen kirchentrennend fortbestehen". Hinzu komme ein tiefgreifender Wandel in der Religionspädagogik.
Religionsunterricht sei heutzutage "zu weiten Teilen von Lehrern begleitete individuelle Sinnsuche der Schüler, das Aufspüren impliziter religiöser Erfahrungen im Alltag der Heranwachsenden oder schlicht die Kummer- und Kümmerstunde im hektischen, von Prüfungsstress geprägten Schulalltag", schrieb der Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Kirchenrecht und Staatskirchenrecht an der Universität Göttingen weiter. Wo religiöse Konflikte wie Streit über das Verständnis von Fasten oder Bekleidungsregeln auftauchten, "ist es für Lehrerkollegien bequem, das Problem an Religionslehrer zu delegieren", schrieb Heinig. "Der Religionsunterricht soll dann auch noch den Schulfrieden sicherstellen."
Wenn sich der Religionsunterricht "bloß als Mischung aus praktischer Toleranzübung, Religionskunde, Ethik für alle und sozialtherapeutischen Schuldienst versteht, schafft er sich auf Dauer ab", mahnte der Jurist. Der Unterricht solle vor allem einen Beitrag zur religiösen Bildung leisten, die vor "tumbem Fundamentalismus" schütze und zur Mündigkeit in religiösen Fragen befähige. In einer religiös hyper-diversen und zugleich stark säkularisierten Gesellschaft werde Religionsunterricht nur eine Zukunft haben, "wenn er mehr als Ethik, Religionskunde und Glückskeksweisheiten bietet".