Die gesetzliche Frauenquote wirkt - aber nur dort, wo sie gilt. Nach dem neuen "Managerinnenbarometer" des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) stieg der Anteil von weiblichem Spitzenpersonal in den Aufsichtsräten der größten Unternehmen in Deutschland auf durchschnittlich 30 Prozent an. Zwei Drittel der betroffenen Unternehmen erfüllten demnach Ende 2017 die gesetzliche Vorgabe, 30 Prozent oder mehr der Sitze mit Frauen zu besetzen, heißt es in der am Mittwoch in Berlin vorgestellten Studie.
Eine Signalwirkung auch auf andere Führungsgremien können die Autoren allerdings nicht feststellen. Wo keine Quote gilt - in Vorständen und Geschäftsführungen - herrscht demnach Stillstand bei der Berufung oder Beförderung von Frauen.
Studie: Mehr Frauen in Aufsichtsräten, aber nicht in Vorständen
Die gesetzliche Quote gilt seit 2016 für große börsennotierte und mitbestimmungspflichtige Unternehmen. 105 Firmen unterlagen zum Zeitpunkt der Untersuchung dieser Regelung. Im Durchschnitt kommen sie auf den Frauenanteil von 30 Prozent in Aufsichtsräten, auch wenn ihn nicht alle erfüllen. Keines der Unternehmen hat einen Aufsichtsrat ganz ohne weibliche Vertreter - bei den Top-200-Unternehmen in Deutschland gilt das immerhin noch für 7,6 Prozent. Das Gesetz gibt vor, dass bei der Neubesetzung von Plätzen im Aufsichtsrat die Geschlechterquote berücksichtigt werden muss. Beruft das Unternehmen keine Frau, muss ein Stuhl leer bleiben.
Die Quote für Aufsichts- und Verwaltungsräte erfüllen auch die Unternehmen mit Bundesbeteiligung. Dort ist auch der Anteil von Frauen in Vorständen und Geschäftsführungen am höchsten. Ende 2017 lag er bei knapp 18 Prozent, ein Zuwachs von 2,4 Prozentpunkten. Bei den Unternehmen, für die die Quote im Aufsichtsrat gilt, lag er in den anderen Führungsgremien dagegen nur bei acht Prozent. In bestimmten Unternehmensgruppen, darunter Versicherungen, ging der Anteil von Frauen in Vorständen sogar zurück.
Die Quote wirke, lautete die Bilanz von Forschungsdirektorin Elke Holst. Zur Wahrheit gehöre aber auch, dass ohne Druck und drohende Sanktionen fast nichts vorangehe. Das DIW appellierte an Unternehmen, einen Pool geeigneter Kandidatinnen auch für andere Führungsgremien aufzubauen. Andernfalls liege es an der Politik, die bislang auf Freiwilligkeit beruhenden Regelungen für Frauen in Vorständen und Geschäftsführungen zu verschärfen.
Bundesfamilienministerin Katarina Barley (SPD) hatte dies bereits im vergangenen Jahr angedroht. "Es kann schlicht nicht sein, dass sich Unternehmen auf Dauer eine Zielgröße von null setzen, was den Frauenanteil in Vorständen angeht", sagte sie am Mittwoch in Berlin. Sie erwarte, dass Unternehmen ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden. "Wenn sich hier nichts ändert, besteht aus meiner Sicht Handlungsbedarf."
Für mindestens ebenso wichtig halten die DIW-Forscher den Kampf gegen Geschlechterklischees sowie politische Maßnahmen zur Frauenförderung. Holst sagte, bis heute definiere sich die Vorstellung, wie eine Führungskraft sein und arbeiten müsse, durch männliche Bilder. Familienpolitische Maßnahmen der vergangenen Jahre werden begrüßt: Das Elterngeld mit den Vätermonaten führe dazu, dass sich soziale Normen änderten, sagte Studien-Mitautorin Katharina Wrohlich. Es wird derzeit 14 Monate gezahlt, wenn der Vater mindestens zwei Monate der Elternzeit übernimmt. Die DIW-Studie regt an, die Vätermonate auszuweiten. Wrohlich verwies auf Island, wo die 15 Monate Elternzeit gedrittelt werden - fünf Monate für jeden Partner, die restlichen fünf aufgeteilt.
Island gehört mit einem Frauenanteil von 43 Prozent in den Entscheidungsgremien der großen Unternehmen neben Frankreich zu den Spitzenreitern bei der Berufung weiblicher Spitzenkräfte in Europa. Deutschland landet in dieser Statistik mit 32 Prozent auf Platz fünf.