Eine Abschaffung des umstrittenen Werbeverbots für Abtreibungen wäre nach Ansicht des kurhessischen Bischofs Martin Hein ein Schritt in die falsche Richtung. Durch eine Streichung des Paragrafen 219a im Strafgesetzbuch, wie von einer fraktionsübergreifenden Initiative von Bundestagsabgeordneten sowie von fünf Bundesländern angestrebt, würde der bisher bestehende Schutz des ungeborenen Lebens aufgegeben, sagte Hein dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Dienstag in Kassel. "Das würde für weitere Eingriffe in den Schutz des ungeborenen Lebens Tür und Tor öffnen", sagte das Mitglied des Deutschen Ethikrats.
Die Gießener Ärztin Kristina Hänel war kürzlich zu einer Geldstrafe von 6.000 Euro verurteilt worden, weil sie auf der Internet-Seite ihrer Praxis über Schwangerschaftsabbrüche informiert hatte. Nach Auffassung des Gerichts hatte sie damit gegen das Werbeverbot für Abtreibungen nach Paragraf 219a verstoßen.
Hein kritisierte, innerhalb kürzester Zeit solle unter Ausnutzung eines Vakuums im Bundestag und ohne politische Debatte eine Gesetzesänderung auf den Weg gebracht werden. Die daran interessierten Kreise würden die auf hohem moralischen Niveau geführte Debatte, die in den 1990er Jahren zu diesem Thema stattfand und die schließlich zu einer von allen akzeptierten Lösung geführt habe, nicht berücksichtigen. Letztlich liefen die Bestrebungen auf eine Streichung der Paragrafen 218 bis 219 hinaus.
Hein kritisierte in diesem Zusammenhang auch die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD), die sich in dieser Frage bisher sehr zurückgehalten habe. "Ich hätte mir da relativ früh ein entsprechendes Votum seitens der EKD gewünscht, die in dieser Fragestellung von einer seltsamen Leisetreterei befallen ist", sagte Hein. Die Kirchen könnten einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, um ein Bewusstsein zu schaffen, warum das ungeborene Leben eine eigene Würde besitze.
Für eine Änderung des Paragrafenwerkes 218, 219 und 219a sehe er keinen Bedarf, betonte Hein. Auf keinen Fall dürfe es zu einer Kommerzialisierung von Abtreibungen kommen. Bei einer Abschaffung der Paragrafen und einer darauffolgenden Straffreiheit drohe eine Abtreibung letztlich auch eine Leistung der Gesellschaft und damit auch der Krankenkassen zu werden. "Schwangerschaft ist aber keine Krankheit", sagte Hein. Erfreulich sei in diesem Zusammenhang, dass die Zahl der Abtreibungen in Deutschland abnehme.